07.02.2013 Aufrufe

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Nach dem Zusammenbruch des NS-Reiches und dem Tod seines Chefs ging der<br />

"Oberregierungsrat" erst mal auf Tauchstation. Als Handlanger mit dem unauffälligen Namen Karl<br />

Schmidt arbeitete er in einem niedersächsischen Steinbruch. Im Jahre 1950 legte er sich mit<br />

behördlicher Genehmigung (Namensänderungsurkunde des Regierungspräsidenten Hannover vom<br />

29. 4. 1950) einen neuen Namen zu. Schmidt hatte sich inzwischen scheiden lassen, nannte sich<br />

jetzt nach dem Geburtsnamen seiner Großmutter Schmidt-Rux und begann eine neue Karriere <strong>als</strong><br />

Helfer in Steuersachen.<br />

Einer seiner Kunden war die "Wunstorfer Zeitung", ein hannoversches Provinzblättchen.<br />

Dort lernte ihn die junge Verlegerin Luise Madsack kennen. Nach dem Tod ihres Mannes (1953)<br />

machte sie ihren Freund zum Chefjuristen und Unterhändler. So auch für die Verhandlungen mit<br />

den Sozialdemokraten, die erst durch die stern-Recherchen von der braunen Vergangenheit ihres<br />

Gesprächspartners erfahren haben wollen. SPD-Schatzmeister Wilhelm Dröscher: "Als ich dem<br />

Alfred Nau das alles erzählt habe, ist der fast vom Stuhl gefallen." - Und nicht nur er.<br />

Karl Schmidt-Römer alias Schmidt-Rux und die Folgen. Sechs Monate danach. Wie<br />

niedersächsische Rechtsanwälte einem NS-Reichsamtsleiter bei der Bewältigung seiner<br />

Vergangenheit helfen.<br />

Ein Reichsamtsleiter aus Hitlers Parteikanzlei ist würdig, im demokratischen Rechtsstaat<br />

das Recht zu wahren. Das befand anno 1975, dreißig Jahre nach Hitler, die Rechtsanwaltskammer<br />

im niedersächsischen Celle. Und wenn ein Anwaltskollege gar dagegen aufmuckt, droht ihm gleich<br />

ein Ehrengerichtsverfahren. So geschah es dem Kammermitglied Werner Holtfort (*1920+1992).<br />

Ankläger ist Rechtsanwalt Dr. Karl Schmidt-Rux ,70, der es in Hitlers Parteiarmee, der<br />

SA, auf "Persönliche Verfügung des OSAF" (Obersten SA-Führers) bis zum Obersturmführer<br />

gebracht hatte; der von 1940 bis zum Zusammenbruch 1945 in der obersten Parteiführung unter<br />

Martin Bormann gearbeitet hatte, dem mächtigsten Mann im Hitler-Reich, der nach dem Krieg<br />

seinen Namen Schmidt-Römer in Schmidt-Rux verwandelt und beim Antrag auf Zulassung <strong>als</strong><br />

Rechtsanwalt diese Position im Nazi-Staat verschwiegen hatte.<br />

Im Frühjahr enthüllte der stern die braune Vergangenheit des einflussreichen<br />

hannoverschen Pressejuristen Karl Schmidt-Rux alias Schmidt-Römer. Nachdem Landgericht und<br />

Oberlandesgericht in Hamburg (Aktenzeichen: 3 W 74/75-74 0 230/75) dessen Anträge gegen den<br />

stern <strong>als</strong> "irreführende und unrichtige Tatsachenbehauptungen abgelehnt hatten, wollte das<br />

Anwaltskammermitglied Holtfort durch die Standesorganisation klären lassen, ob sein Kollege<br />

Schmidt-Rux sich nicht unter "f<strong>als</strong>chen Voraussetzungen" die Anwaltszulassung erschlichen habe.<br />

Paragraph 14 der Bundesrechtsanwaltsordnung sieht vor, dass die Zulassung<br />

zurückgenommen werden muss, wenn zur Zeit ihrer Erteilung "nicht bekannt war, dass Umstände<br />

vorlagen, aus denen sie hätte versagt werden müssen." So wurde noch 1950 einem Juristen die<br />

Zulassung zum Rechtsanwalt entzogen Band II. der Ehrengerichtsentscheidungen, S. 67), weil er<br />

seinen Rang <strong>als</strong> SS-Untersturmführer verschwiegen hatte. Begründung: Im öffentlichen Leben<br />

sollten nicht wieder "diejenigen bestimmend werden, die zum Nachteil des deutschen Volkes der<br />

unheilvollen Innen- und Außenpolitik des Nation<strong>als</strong>ozialismus das Gepräge gegeben ... haben".<br />

Doch vor der ehrwürdigen Anwaltskammer am für Hannover zuständigen<br />

Oberlandesgericht Celle geriet nicht der Ex-Nazi Karl Schmidt-Rux in Schwierigkeiten, sondern<br />

dessen Kollege Werner Holtfort, 55, der in Hannover mehrfach erfolgreich junge Lehrer in<br />

Berufsverfahren vertreten hatte. Holtfort resümiert: "Von der Vergangenheit des Kollegen<br />

Schmidt-Rux wollte niemand etwas wissen. Statt dessen versuchten sie, gleich eine Affäre Holtfort<br />

136

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!