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Viele Professoren (es gibt in der Bundesrepublik über 500 Institutsdirektoren), die<br />

Staatseinrichtungen für Privatgewinn nutzen, vernachlässigen dabei auch ihren eigentlichen Auftrag<br />

in Lehre und Forschung. Der Untersuchungsbericht: "Die Nebentätigkeit der Klinikdirektoren<br />

kann einen negativen Einfluss auf die Erfüllung der eigentlichen Funktion der Kliniken nehmen."<br />

Der Ausschussbericht nennt Beispiele: 0 In einer Heidelberger Universitätsklinik wurden im Jahr<br />

1972 Patienten der 1. Klasse durchschnittlich 23,5 Tage, die der zweiten 22,3 und die der dritten<br />

nur 16,7 Tage stationär behandelt. 0 Krankenzimmer der allgemeinen Pflegeklasse wurden mit<br />

Privatpatienten der Chefärzte belegt. Die Folge: Kassenpatienten mussten "unerträglich lange" auf<br />

freie Betten warten. Für Medizinstudenten ist die so erweiterte gewinnträchtige Privatstation des<br />

"Chefs" in den meisten Fällen tabu. Die Folge: In den Krankenhäusern werden weniger Studenten<br />

ausgebildet, <strong>als</strong> möglich wäre.<br />

Das Gewinnstreben der Institutsdirektoren trug auch dazu bei, dass die Krankenhäuser<br />

immer teurer, die Kassenbeiträge immer höher und die Ausbildungsplätze nicht entsprechend mehr<br />

wurden. An den Universitätskliniken Erlangen-Nürnberg, so ermittelte der bayerische<br />

Rechnungshof, stiegen in den letzten acht Jahren die Sachausgaben um 140 Prozent, und das<br />

Personal - vor allem die Wissenschaftler - nahm um 32 Prozent zu, doch die Zahl der Studienplätze<br />

ging um 50 Prozent zurück. Im Universitäts-Krankenhaus Hamburg-Eppendorf erhöhte sich die<br />

Zahl der Ärzte seit 1970 von 510 auf 800, aber nach den Feststellungen des hanseatischen<br />

Rechnungshofes wurden 1974 zwanzig Prozent weniger Studenten ausgebildet <strong>als</strong> möglich.<br />

Die Einrichtung eines medizinischen Instituts kostet den Steuerzahler zwischen 10 und 20<br />

Millionen Mark. Und die Angestellten-Gehälter plus Sachausgaben verschlingen jährlich<br />

durchschnittlich weitere zwei Millionen Mark. - Dennoch empfinden es die meisten Direktoren <strong>als</strong><br />

ungerecht, dass sie für ihre Privateinkünfte in den Kliniken ein "bescheidenes Nutzungsentgelt"<br />

zahlen müssen. Je Betten-Tag (Brutto-Gesamteinnahme für den Chefarzt 160 bis 180 Mark pro<br />

Patient) sollen sie in<br />

• Nordrhein-Westfalen: 18.46 Mark 0 Baden-Württemberg: 11 bis 12 Mark,<br />

• Bayern: 5 bis 9 Mark,<br />

• Hessen: 4 Mark<br />

• Berlin 2,20 bis 2,75 Mark abführen.<br />

Aber auch diese Betten-Pauschale , vor zehn Jahren von den Professoren selbst<br />

vorgeschlagen, um die Offenlegung der tatsächlichen Einkünfte zu umgehen, wird dem Fiskus<br />

größtenteils entzogen. Die Hamburger Kliniken haben 1974 immerhin rund 15 Millionen Mark<br />

abgeliefert. Aber in Berlin mahnt der Rechnungshof die Abgaben seit 1963 an. Und in Baden-<br />

Württemberg weigern sich 60 Chefärzte, die fälligen 6,5 Millionen Mark "Bettengeld" zu bezahlen.<br />

Der Tübinger Internist Professor Kurt Kochsiek gibt <strong>als</strong> Begründung an: "Wir arbeiten 70 bis 80<br />

Stunden in der Woche und haben jahrelang nicht mehr <strong>als</strong> zweitausend Mark verdient. Dann steht<br />

uns das Geld jetzt wohl auch zu."<br />

Um die Millionen zu behalten, sind die Professoren sogar vor den badenwürttembergischen<br />

Staatsgerichtshof gegangen. Dort wollen sie sich in einem<br />

Normenkontrollverfahren bescheinigen lassen, das die Bettenpauschale zu hoch ist. Für den Fall<br />

einer Niederlage droht der Tübinger Chirurg-Professor Leo Koslowski (Jahres-Nebenverdienst:<br />

600.000 Mark) mit seinen Kollegen das CDU-Musterländle zu verlassen. Koslowski drohend: "In<br />

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