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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Gener<strong>als</strong>ekretär der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung (1927-1935) oder auch <strong>als</strong><br />

Präsident des Lutherischen Weltbundes, der er von 1952 bis 1957 war.<br />

Ein Schlüsselerlebnis, das Lilje zur Theologie führte, gab es nicht. Ursprünglich wollte er<br />

Verkündiger sein, "um mein Leben an eine ernsthafte große Aufgabe dieser Art zu verwenden".<br />

Doch schon 1927 - sechs Jahre vor Hitlers Machtergreifung - begann für ihn <strong>als</strong> Gener<strong>als</strong>ekretär<br />

der Deutschen Christlichen Vereinigung der steile Aufstieg in die Hierarchie der Kirchenpolitik,<br />

von der er sich bis zu seiner Pension nicht mehr losreißen konnte - und auch wollte. Folglich<br />

begründete Lilje im Jahr 1933 die "Jungreformatorische Bewegung" mit und sagte zur NS-<br />

Machtübergabe ein "freudiges Ja". - Kirchen-Karriere.<br />

Als Gener<strong>als</strong>ekretär und später <strong>als</strong> Vizepräsident dieser Organisation will er "das<br />

Handwerk gelernt haben, um überhaupt in der geistigen Diskussion dieser Zeit drin sein zu<br />

können". Tagungen, Vortragsveranstaltungen und zeitweilig literarische Aufträge haben ihn "in das<br />

Licht der Öffentlichkeit gerückt". Und obwohl er "kein dramatischer Mensch war und auch nicht<br />

unbedingt provozierende Dinge gedacht und gesagt hat" (Lilje) schrieb er nach dem misslungenen<br />

Attentat auf Hitler am 8. November 1939 in der Zeitschrift "Furche": "Dass durch solche<br />

Anschläge der Siegeswille des nation<strong>als</strong>ozialistischen Deutschland nicht gelähmt werden darf,<br />

bedarf keines Wortes." Liljes Kirchen-Wort zu einer Zeit, <strong>als</strong> in Hitler-Deutschland längst Bücher<br />

und Synagogen brannten und der Angriffskrieg begonnen hatte.<br />

Zwar gehörte Hanns Lilje zur Bekennenden Kirche um Dietrich Bonhoeffer<br />

(*1906+9.April 1945 im KZ Flossenburg ermordet) und Martin Niemöller (*1892+1984 - seit 1937<br />

Häftling im KZ Sachsenhausen), doch ein Widerstandskämpfer war der rhetorisch wetterfeste<br />

Bischof im schwarzen Talar mitnichten. Ganz im Gegenteil. Weil Hanns Lilje vielleicht "kein<br />

dramatischer Mensch" war, schrieb er 1941 in den Furche-Schriften, einen Aufsatz "Der Krieg <strong>als</strong><br />

geistige Leistung", um, wie er sich heute rechtfertigt, "den Menschen, die in die Maschinerie des<br />

Krieges hineingeraten sind, zu helfen, ihre geistige Existenz wahren zu können".<br />

So steht dort geschrieben: "Für Luther ist der Krieg 'Gottes Werk' - in demselben Sinne,<br />

in dem Größe und Grauen der Geschichte Gottes Werk heißen und in dem alle Geschichte<br />

gleicherweise Zeichen seiner Gnade wie seines Zornes ist ...“ - Verständlich, dass Gott im Dienst<br />

"nationaler deutscher Belange" steht. Lilje im Originalton: "Es muss nicht nur auf den<br />

Koppelschlössern der Soldaten, sondern in Herz und Gewissen stehen: Mit Gott!" - Gott <strong>als</strong><br />

Legitimation der Nazi-Barbarei; Hanns Lilje sein Chefinterpret: "Soldaten sind Männer, die jetzt<br />

wieder den grauen Rock der Ehre tragen."<br />

Lilje Nachkriegsleben mit neu zurechtgerückten Collagen begann schon zwei Jahre nach<br />

dem Zusammenbruch am 8. Mai 1945. Da lobte ihn der "Internationale Biografische Dienst" <strong>als</strong><br />

einen vom Volksgerichtshof Verurteilten, der die "eisernen Fenstergitter und Türen des<br />

berüchtigten Gefängnisses von Moabit mit seinem ungebrochenen Geist gesprengt habe, längst ehe<br />

nach dem Einmarsch der alliierten Truppen in Berlin die Zeiten sich öffneten".<br />

Im selben Jahr, im Frühjahr 1947, stellte die viel beachtete britische Zeitung British Zone<br />

Review, dem wichtigsten Presseorgan des Kontrollrats, Lilje <strong>als</strong> einen "mutigen Deutschen" dar,<br />

der in Gestapo-Haft kam (1944 bis 1945), weil er in das Komplott des deutschen Widerstands vom<br />

20. Juli verstrickt gewesen sei. Naheliegend, dass dieser Lilje in einem Atemzug mit den<br />

Widerstandskämpfern Theodor Steltzer (*1885+1967), Fabian von Schlabrendorff (*1907+1980),<br />

Helmuth Graf von Moltke (*1907+23. Januar 1945 gehängt im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee)<br />

und Eugen Gerstenmaier (*1906+1986; <strong>als</strong> Mitglied des Kreisauer Kreises am 20. Juli 1944<br />

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