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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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einer langwierigen Entwicklung, die die Seele erstarken lässt. - Kärrnerarbeit. Befreiung. Wer aber<br />

hat dafür das Geld, wer mag schon solche seelische Anstrengungen, Irritationen, mitunter<br />

Verzweifelung aus sich nehmen? - Die wenigsten.<br />

Kindesmisshandlungen sind alltäglich, werden <strong>als</strong> solche kaum wahrgenommen, nur<br />

äußerst selten erkannt - und das im Allgemeinen auch nur, wenn sie einen tödlichen Ausgang<br />

haben. Professor Ulrich Köttgen (*1906+1980), Direktor der Mainzer Kinderklinik, stellte in<br />

seinen Untersuchungen fest, dass die Dunkelziffer bei Kindesmisshandlungen, Kindesmissbrauch<br />

ungewöhnlich hoch ist und allenfalls etwa fünf Prozent der Fälle vor Strafrichtern landen. In der<br />

Regel werden Kinder von Mitgliedern im engsten Familienkreis misshandelt. Die Öffentlichkeit<br />

erhält in jene sorgsam kaschierte Grauzone kaum einen Einblick. Günther Bauer, Kriminaloberrat<br />

im Bundeskriminalamt in Wiesbaden, analysierte insgesamt 56 Fall-Beispiele. Aus diesen filterte er<br />

die Erkenntnisse, dass die Tatbestände der Kindesmisshandlungen weitgehend verschleiert werden.<br />

Kinder leben tage- oder wochenlang eingesperrt, damit fremde Personen etwaige Verletzungen<br />

nicht bemerken können.<br />

Auch wird den Kindern unter Androhung einer schweren Strafe strikt verboten,<br />

irgendetwas über die oft zerrütteten häuslichen Verhältnisse draußen etwa in der Schule zu<br />

erzählen. Und nicht nur dies: Während der Misshandlungen stellen Eltern oft Radio- und<br />

Fernsehgeräte lauter, damit Schreie, Hilferufe, Schmerz-Gestöhne übertönt werden. Ohnmacht der<br />

Kinder im Verbund mit einem festen elterlichen Autoritäts-Zugriff führen dazu, dass die<br />

Misshandelten selbst nie Anzeigen erstatten - zu eingeschüchtert, zu verängstigt. Kriminalist<br />

Günther Bauer resignierte: "Kinder nehmen die fürchterlichen Misshandlungen durch ihre Eltern<br />

quasi wie ein Naturgesetz hin."<br />

Eine Vorkriegs-Statistik des "Vereins zum Schutze der Kinder vor Ausnützung und<br />

Misshandlung" belegt<br />

� dass in 18 Prozent der Fälle den misshandelten Kindern jeder Verkehr mit<br />

familienfremden Personen und jede Beantwortung einer an sie gerichteten Frage<br />

verboten war;<br />

� dass in 17 Prozent der Lautsprecher des Rundfunkgerätes angestellt, der Wasserhahn<br />

aufgedreht oder der Kopf des Kindes auf ein Kissen gedrückt wurde, damit kein<br />

verräterischer Laut nach draußen drang;<br />

� in 36 Prozent der Fälle wurden die Kinder nicht aus der Wohnung gelassen, solange<br />

an ihren Körpern noch Gewalt-Spuren, Blut-Spuren zu sehen<br />

� und in 22 Prozent der Fälle wurden Kinder derart eingeschüchtert und in ihren<br />

Ängsten umgedreht, dass sie selbst im Falle ihrer Wegnahme aus dem Elternhaus<br />

leugneten, gequält, geschlagen, misshandelt worden zu sein.<br />

In den Jahren 1955 bis 1965 wurden im Institut für Gerichtliche und Soziale Medizin der<br />

Universität Kiel die Leichen von 380 Kindern unter 14 Jahren obduziert; darunter zwölf Fälle<br />

aktiver, grober Misshandlungen und sieben Schicksale sträflicher Kinder-Vernachlässigungen. Als<br />

Ursachen für Todesfolgen standen Kopfverletzungen an erster Stelle, davon drei in Verbindung<br />

mit sicher nachgewiesener Fettembolie. Aber immerhin: Jährlich werden etwa 300 bis 400 Fälle von<br />

Gewalt an Kindern in der Bundesrepublik strafrechtlich verfolgt und etwa in der Hälfte der Fälle<br />

gerichtliche Urteile gesprochen. Es ist aber gerade die Statistik, die sehr ungenau geführt wird,<br />

allgemeine Rückschlüsse verwässert. Viele schwere Vorkommnisse in Sachen<br />

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