07.02.2013 Aufrufe

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Inspekteure der drei Waffengattungen erklären jetzt unter Berufung auf das im Artikel<br />

20, Absatz 4 GG für alle Deutschen garantierte Widerstandsrecht, dass der Bundeskanzler seiner<br />

Amtsbefugnisse enthoben sei und dass sie zum Zwecke der Wiederherstellung der<br />

verfassungsmäßigen Ordnung die oberste Befehlsgewalt ausüben. Widerstand werde mit allen<br />

Mitteln gebrochen. Sie verweisen darauf, dass schon bei den Beratungen des Art. 20, Abs. 4 im<br />

Jahre 1968 klargestellt worden sei, dass es auch ein "Widerstandsrecht von oben" gebe, wenn dies<br />

"das letzte verbleibende Mittel zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Rechts ist".<br />

Die Bundeswehr versucht, durch "Notverordnungen" -so ein Ausgeh-Verbot zwischen 19<br />

Uhr abends und 7 Uhr morgens -Herr der Lage zu werden. Ein Drittel der<br />

Bundestagsabgeordneten ruft jetzt das Bundesverfassungsgericht an, um die Gesetzeswidrigkeit<br />

dieser Maßnahme festzustellen. Bevor es jedoch zu einem Urteilsspruch kommt, schließt der II.<br />

Senat zwei seiner liberalen Mitglieder aus. Begründung: Sie hätten schon in früheren Schriften<br />

gegen den Begriff der "streitbaren Demokratie" Stellung bezogen md müssten deshalb <strong>als</strong><br />

"befangen" gelten. Das Gericht verhält sich genauso wie schon am 16. Juni 1973. Dam<strong>als</strong> hatte der<br />

II. Senat beim Verfahren über den Grundlagenvertrag mit der DDR auf Antrag Bayerns den<br />

Verfassungsrichter Dr. Joachim Rottmann (1971-1983) <strong>als</strong> befangenen ausgeschlossen.<br />

Begründung: Rottmann habe schon früher erklärt, dass das ehemalige Deutsche Reich nicht mehr<br />

fortbestehe und durch zwei deutsche Staaten abgelöst worden sei.<br />

Im Urteilsspruch räumt das "gesäuberte" Verfassungsgericht dann zwar ein, dass die<br />

Proklamation der drei Bundeswehr-Inspekteure und die Notverordnungen mit den Bestimmungen<br />

des Grundgesetzes nicht in Einklang stehen. Doch dann greifen die Richter in der roten Robe auf<br />

die Rechtssprechung im sogenannten Abhörurteil vom 15.12.1970 zurück. Dam<strong>als</strong> schon seien<br />

"systemimmanente Modifikationen" auch unumstößllicher Verfassungsprinzipien im Rahmen des<br />

tragenden und allgemeinen Verfassungsprinzips der streitbaren Demokratie für gerechtfertigt<br />

erklärt worden.<br />

Zugleich bescheinigt das Gericht mit einem Zitat aus dem KPD-Verbotsurteil vom Jahre<br />

1956 den Militärs die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens: "Ein Widerstandsrecht gegen einzelne<br />

Rechtswidrigkeiten kann es nur im konservierenden Sinne geben, das heißt <strong>als</strong> Notrecht zur<br />

Bewahrung oder Wiederherstellung der Rechtsordnung." Das Urteil wird im Bundesgesetzblatt<br />

verkündit und erhält damit Gesetzeskraft. Es ist für alle Gerichte und Behörden bindend. Damit ist<br />

der autoritäre Verfassungsstaat "legal" installiert.<br />

189

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!