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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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gegen unseren Willen durchsetzen, entziehen wir der Schule unsere Unterstützung." Denn alle<br />

deutschen Berufsschulen sind auf Industriespenden (Maschinen und Geld) angewiesen. Nach<br />

dieser Standpauke wollte Skibba den Unterricht nicht mehr blocken. In Hamburg dagegen kam es<br />

nicht so schnell zum Friedensschluss. Dort zogen 64 Firmen - vor allem Kleinbetriebe - vor<br />

Gericht, um den Blockunterricht zu verhindern.<br />

Bei den Auseinandersetzungen um die Reform des Berufsbildungsgesetzes hat sich auch<br />

die Großindustrie in die Front der Reformgegner eingereiht, die von den Christdemokraten im<br />

Bundestag angeführt wird. Nach den Vorstellungen der SPD/FDP-Koalition (1969-1982) soll<br />

• das Angebot an Ausbildungsplätzen konjunkturunabhängiger und damit sicherer<br />

gemacht werden. Überbetriebliche Lehrwerkstätten sollen besonders in wirtschaftlich<br />

schwachen Landstrichen vernünftige Ausbildungsplätze garantieren. Und wenn von<br />

den privaten und öffentlichen Arbeitgebern nicht genügend Lehrstellen angeboten<br />

werden. sollen mit Hilfe einer Berufsbildungsabgabe der Unternehmer 700 Millionen<br />

Mark aufgebracht werden, um neue überbetriebliche Lehrwerkstätten zu schaffen;<br />

• die Berufsausbildung in eine breitere Grund- und eine darauf aufbauende<br />

Fachbildung gegliedert werden, was die Wahl f<strong>als</strong>cher Berufe eindämmen und die<br />

berufliche Beweglichkeit verbessern wird;<br />

• ein neues "Bundesinstitut für Berufsbildung" eine bessere Zusammenarbeit zwischen<br />

Bund, Ländern, Arbeitgebern und Gewerkschaften ermöglichen und damit eine<br />

effektivere Verzahnung zwischen Betrieb und Schule verwirklichen.<br />

Außerdem soll eine Berufsbildungsstatistik <strong>als</strong> Frühwarnsystem dienen und helfen,<br />

Jugendarbeitslosigkeit zu vermeiden. Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer (1973-1977;<br />

*1915 +1977) über die von Wissenschaftsminister Helmut Rohde (19741978) geplante Reform:<br />

"Die Betriebe sind verunsichert." Und Dortmunds Handelskammer-Präsident Hans Hartwig sieht<br />

seine "schlimmsten Erwartungen übertroffen".<br />

Die Furcht der Herren scheint unbegründet. Denn mit dem Regierungswechsel in<br />

Niedersachsen (1976) hat die CDU ihre Mehrheit in Bundesrat, der dem Berufsbildungsgesetz<br />

zustimmen muss, weiter ausgebaut. Der Bildungsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,<br />

Georg Gölter (1989/1990 Präsident der Kultusministerkonferenz), mobilisierte bereits die<br />

Ministerpräsidenten der Union gegen das Gesetz: "Wenn die Koalition nicht zur Kurskorrektur<br />

bereit ist, hat die Berufsbildungsreform keine Chance mehr." Gölter und seine Gesinnungafreunde<br />

indes wollen alles beim alten lassen, denn die alte Gesetzgebung von 1969 habe sich bewährt. Die<br />

Bundesregierung müsste sich mit einem kostspieligen Flickwerk begnügen, um wenigstens einen<br />

Teil der Jugendlichen von der Straße zu holen. Sie stellt schon jetzt 300 Millionen Mark für<br />

arbeitslose Jugendliche bereit, die sich weiter schulen lassen wollen.<br />

Auch die Bundesanstalt für Arbeit ist großzügig. Für 27.000 Jugendliche bezahlt die<br />

Behörde Lehrgänge an Volkshochschulen und bei Hausfrauenvereinen und Gewerkschaften. Das<br />

Arbeitsamt zahlt jedem dieser Jugendlichen 300 Mark Unterhaltszuschuss, und die Arbeitgeber<br />

können sich auf den Föderlehrgängen die besten Arbeitskräfte aussuchen, um sie einzustellen - in<br />

den ersten zwölf Monaten werden bis zu 90 Prozent der Lohnkosten <strong>als</strong><br />

Arbeitsförderungsmaßnahme vom Staat übernommen.<br />

Das von der Bundesregierung angebotene Berufsgrundbildungsjahr nützt noch weniger,<br />

denn es wird nicht auf eine spätere praktische Ausbildung angerechnet. Hinzu kommt, dass die<br />

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