07.02.2013 Aufrufe

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Er ist ausgewiesen <strong>als</strong> Präsident, Generaldirektor oder Teilhaber von rund 40 Unternehmen.<br />

Sein wahrer Einfluss aber ist nicht nur an Posten ablesbar. Mit Nikita Chruschtschow<br />

(*1894+1971) ging Jean-Baptiste Doumeng auf Bärenjagd. Leonid Breschnew (*1906+1982)<br />

empfängt ihn in Moskau am Flughafen - eine Ehre, von der KPF-Chef Georges Marchais<br />

(*1920+1997) nur Zeit seines Lebens träumen konnte. Doumeng gilt <strong>als</strong> die graue Eminenz der<br />

Kommunistischen Partei Frankreichs, <strong>als</strong> ihr heimlicher Schatzmeister. Früher hatte er auch einmal<br />

offizielle Posten in der Partei, bis 1964 saß er im Zentralkomitee. Für solche Ämter lassen ihm heute<br />

seine Geschäfte keine Zeit mehr.<br />

Doumeng, der trotz Goldrandbrille mit wuchtigem Kopf, seinen breiten Händen und der<br />

gedrungenen Gestalt noch immer so aussieht wie der Charakter-Darsteller des französischen Films<br />

Jean Gabin (*1904+1976) in der Rolle eines Bauern des Midi, wickelte sein erstes Geschäft nach<br />

dem Krieg ab: der Tausch französischer Kartoffeln gegen tschechische Traktoren. "Das war etwas<br />

schwierig", sagt Doumeng, "weil die damalige Tschechoslowakei noch keine Volksrepublik war." Mit<br />

dem Gewinn gründete Doumeng die "Union landwirtschaftlicher Genossenschaften des Südwestens".<br />

Im Genossenschaftswesen glaubte er merkantile Effizienz des Kapitalismus und moralische<br />

Ansprüche des Kommunismus synchronisieren zu können. Nunmehr handelt Doumeng - immer<br />

im Namen und Auftrag solcher Kooperativen von inzwischen 250.000 Bauern und Winzern - mit<br />

Fleisch, Getreide und Wein, mit Torte aus St-Tropez mit Haute Couture von Jacques Esterel<br />

(*1917+1997), mit Immobilien und Traktoren. Selbst aus Scheiße macht Doumeng inzwischen<br />

Geld. Er fand heraus, dass die Exkremente der Rinder einen hohen Prozentsatz unverdauter proteinreicher<br />

Nahrungsbestandteile enthalten, und entwickelte ein heute weltweit exportiertes Trennverfahren,<br />

das aus Rindermist wieder Rindernahrung macht.<br />

Als Geheimnis seines Geschäftserfolgs hält er die Selbsterkenntnis parat: "Ich bin eben<br />

klüger <strong>als</strong> die anderen." Und: "Ich hab' eben mit den Ländern des Ostblocks Verträge abgeschlossen<br />

- ohne Vorauskasse, Zahlung erst bei Lieferung -, <strong>als</strong> die Kapitalisten noch zu furchtsam waren." In<br />

der Tat: Der Osthandel war und blieb Motor und Haupteinnahmequelle aller seiner Unternehmungen.<br />

Über seine Firma Interagra - in einem Hinterhof von Toulouse ein Dreizimmerbüro, in<br />

Paris eine komfortablere Zentrale in der Rue Auber nahe der Oper - hat er praktisch ein Monopol<br />

für den Handel zwischen Frankreich und der Sowjetunion. Jährlicher Umsatz: etwa 1,8 Milliarden<br />

Euro. Über Interagra wickelte Doumeng seine spektakulären Geschäfte ab: Er verscherbelte an die<br />

Russen Kühlhausbutter West-Europas zum Niedrigstpreis und kassierte dabei Hunderte von Millionen<br />

Euro an Exportsubventionen. Die Russen ihrerseits zweigten ein gut Teil der Billigbutter ab und<br />

verkauften sie mit Aufpreis nach Chile des Salvador Allendes (Präsident Chile 1970-1973;<br />

*1908+1973). "Ich habe den Kapitalismus in den Dienst des Kommunismus gestellt", sagt<br />

Doumeng - und wenn's mal umgkehrt läuft, stört es ihn auch wenig. Hauptsache, dass rote Zahlen<br />

bei ihm Plus bedeuten.<br />

664

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!