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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Personalentscheidungen haben mit der Inneren Führung nichts mehr zu tun. Da kann ich nur<br />

Bauklötze staunen. Wie sollen denn die Leute in den Kasernen Innere Führung richtig praktizieren,<br />

wenn sie die Ministerialbeamten selbst nicht verstanden haben?" Und resigniert fügt er hinzu: "Weil<br />

ich Missstände offen ausspreche, bin ich in Verschiss geraten." Deshalb will der Freidemokrat im<br />

nächsten Jahr (1975) den Hut nehmen und sich ins Privatleben zurückziehen.<br />

Fritz-Rudolf Schultz ist der vierte Wehrbeauftragte, dem Unterstützung durch Parlament<br />

und Ministerium versagt blieb. Wie seine Vorgänger blieb auch er <strong>als</strong> Kontrollinstanz gegenüber<br />

der Bundeswehr glücklos. Der erste Wehrbeauftragte Generalleutnant a. D. Helmuth von<br />

Grolmann (*1898+1977) wurde vom damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (1956-<br />

1962; *1915+1988) ins Abseits manövriert. Strauß hatte mit von Grolmann, der in privaten Affären<br />

(Homosexualität) verstrickt war, leichtes Spiel. Auch der Vize-Admiral a. D. Helmuth Heye (1961-<br />

1964; *1895+1970) scheiterte. Weil ihm nicht erlaubt war, den Jahresbericht im Bundestag<br />

persönlich vorzutragen, trat Heye die Flucht in die Öffentlichkeit an. In Interviews kritisierte er die<br />

Reformfeindlichkeit der Armeeführung und die Gefahr einer sozialen und politischen Isolation der<br />

Truppe.<br />

Ministerium und Parteien reagierten verärgert auf die Heye-Plaudereien und ließen den<br />

Wehrbeauftragten fallen. Heye musste seinen Sessel für den CDU-Abgeordneten Matthias Hoogen<br />

(1964-1970; *1904+1985) räumen. Der Christdemokrat wusste über die Bundeswehr nur Nettes zu<br />

erzählen. Seine Berichte wurden deshalb im Bundestag erst mit jahrelanger Verspätung und nur<br />

oberflächlich beraten. Über die Rüstungsskandale (Schmiergeld-Zahlungen) um den<br />

Schützenpanzer HS 30 (1967) und den Starfighter F-104 (zwischen 1960 bis 1991 verunglückten<br />

116 Bundeswehr-Piloten tödlich ) hatte Hoogen so gar nichts notiert.<br />

Sein Nachfolger, der liberale Fritz-Rudolf Schultz, unterschied sich zwar durch<br />

umfassende Sachkenntnisse deutlich von seinem Vorgänger, konnte sich aber trotzdem nicht gegen<br />

das übermächtige Ministerium durchsetzen. Und <strong>als</strong> er mehr Kompetenzen forderte (Zuständigkeit<br />

auch für Reservisten und Wehrpflichtige vor der Einberufung), pfiffen ihn sogar die<br />

Bundestagsfraktionen zurück, die ihn im Jahre 1970 gewählt hatten. Der enttäuschte Schultz: "Das<br />

Parlament nutzt die Kontrollinstanz nicht so, wie es notwendig wäre. Die Politiker befürchten<br />

nämlich, ich könnte ihnen die Butter vom Brot nehmen und die Schau stehlen."<br />

Der Dozent an der Hamburger Heeresoffiziersschule II, Wolfgang R. Vogt, wird noch<br />

deutlicher. Vogt über die Ohnmacht der Wehrbeauftragten: "Tendenziell erwartet die politische<br />

und militärische Führung vom Wehrbeauftragten, dass dieser den Streitkräften im jährlichen<br />

Gesamtbericht jeweils allgemeines Wohlverhalten offiziell bescheinigt und einen Beitrag zur Image-<br />

Pflege der Bundeswehr leistet."<br />

Doch wie notwendig ein kritischer Wehrbeauftragter ist, zeigen Erfahrungen mit der<br />

Truppe. Ob in der Unterwasserwaffen-Schule der Marine in Eckernförde, bei der Panzerbrigade 10<br />

auf dem Truppenübungsplatz in Münsingen oder bei dem Aufklärungsgeschwader 52 in Leck bei<br />

Flensburg -die Innere Führung wird bei jeder Einheit anders verstanden. Luftwaffen-Oberst Gerd<br />

John: "Nach 15 Jahren Bundeswehr habe ich immer noch nicht begriffen, was das sein soll. Das<br />

verwirrt die Soldaten nur." Oberstleutnant Günter Noseck von den Panzerjägern: "Damit kann<br />

meine Truppe wenig anfangen. Die Jäger hier sind bodenständig, kommen aus der Landwirtschaft<br />

und gehen sonntags in die Kirche. Ich bin froh, dass die Soldaten moralisch noch so gefestigt<br />

sind."<br />

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