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Schlagzeile am nächsten Morgen im westdeutschen Millionenblatt "Zeitung": "Die Russen<br />

kommen." Derweil bricht in Bonn Hektik aus. SPD-Kanzler Lenzinger ruft den Krisenstab<br />

zusammen. CSU-Vorsitzender Miesbach sagt: "Der Notstandsfall ist da." Generalinspekteur<br />

Schützer erklärt, er könne für die Sicherheit der Bundesrepublik nur dann die Verantwortung<br />

übernehmen, wenn ihm außerordentliche Befugnisse eingeräumt werden. Nach einer Sitzung der<br />

SPD-Fraktion, auf der der Kanzler freie Hand erhält, entschuldigt sich der linke Abgeordnete<br />

Schlachtmann vor Journalisten: "Sie müssen doch den politischen Druck sehen, unter dem wir<br />

stehen."<br />

Noch am selben Abend beschließt der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit den<br />

Spannungsfall (Art. 80a, Abs. 1 Grundgsetz). Damit wird nach Art. 87a Abs. 3 GG der Einsatz der<br />

500.000 Bundeswehrsoldaten im Innern der Republik möglich. Die Ereignisse überschlagen sich:<br />

Entsetzt über die Notstandsmaßnahmen der sozial-liberalen Regierung Lenzinger spaltet sich der<br />

linke SPD-Parteiflügel (Ex-Juso-Chef Wolfgang Schwarz: "Diese Todsünde soll uns historisch<br />

nicht belasten") von der Mutterpartei. Schon werden junge Lehrer und Arbeitsrichter, die sich der<br />

neuen Unabhängigen SPD (USPD-Die Linke) anschließen, mit Disziplinarverfahren belegt und<br />

vorläufig des Dienstes enthoben.<br />

Begründet wird dies mit der Behauptung, die USPD-Die Linke verfolge<br />

verfassungsfeindliche Ziele. Vergebens berufen sich die Betroffenen darauf, dass nur das<br />

Bundesverfassungsgericht (BVerG) für eine solche Feststellung kompetent sei. Ihnen wird ein<br />

Beschluss des BVerG vom 22. Mai 1975 entgegengehalten, wonach dieses "Parteien-Privileg" nicht<br />

gelte, wenn es um die Beurteilung der Verfassungstreue eines Beamten durch den Dienstherrn geht.<br />

Zugleich erinnert das niedersächsiche Innenministerium in einer „Information für die<br />

Presse“ an dieRechtssprechung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz. Die Richter hätten in einem<br />

Urteil zum Radikalen-Erlass am 29. August 1973 festgestellt: "Schon eine Neutralität gegenüber der<br />

freiheitlichdemokratischen Grundordnung ist ein Eignungsmangel ... ... Deshalb muss der<br />

öffentliche Dienst ständig und ausnahmslos von Personen freigehalten werden, die der<br />

Grundordnung ablehnend oder gleichgültig gegenüberstehen."<br />

In Niedersachsen bezeichnet CDU-Innenminister Pfau die USPD sogar <strong>als</strong><br />

"verfassungswidrig", ohne dass sich die neue Partei dagegen wehren kann. Denn in einem Urteil<br />

vom 29. Oktober 1975 hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden: "Es ist<br />

verfassungsrechtlich legitim, wenn die obersten Verfassungsorgane versuchen, eine Partei. die sie<br />

für verfassungswidrig halten, durch eine mit Argumenten geführte politische Auseinandersetzung<br />

in die Schranken (zu) verweisen."<br />

Im Schnellverfahren beschließt das Bonner Parlament gegen die Stimmen der USPD-<br />

Abgeordneten ein Ausführungsgesetz zum Grundgesetz-Artikel 11, das die Freizügigkeit der<br />

Bundesbürger zeitweilig einschränkt. Die Regierung will damit verhindern, dass sich<br />

Demonstrationszüge vom Ruhrgebiet aus nach Wolfsburg in Marsch setzen. Ferner ordnet die<br />

Bundesregierung auf Grund des Arbeitssicherstellungsgesetzes von 1968 (das zum Notstandspaket<br />

gehört) die Dienstverpflichtung sämtlicher Bus-und Lkw-Fahrer für die Dauer des<br />

Spannungszustandes an.<br />

Das Versteck der mutmaßlichen Terroristen im Elm ist seit 48 Stunden von<br />

Präzisionsschützen aus BGS und SEKs der Polizei umstellt. Seit 24 Stunden ist<br />

Betriebsratsvorsitzender Heintzel <strong>als</strong> Geisel bei den Entführern gefangen. Die Insassen des Hauses,<br />

die sich auf ihren Abflug nach Spanien vorbereiten, wissen nicht, dass Bundesminister May und<br />

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