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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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JUGENDCLIQUEN IN DEUTSCHLAND - "SONST LÄUFT<br />

EBEN NICHT VIEL – DIE GEMEINSAM ERLEBTE<br />

LANGEWEILE IM VERLOREN SEIN"<br />

Irgendeinen Sinn wird das doch schon haben (Uli)<br />

But it’s all right, Ma, it’s life and life only (Bob Dylan)<br />

"Du hast keine Chance, aber nutze sie"<br />

Rowohlt Verlag, Reinbek/Hamburg<br />

14. Februar 1982<br />

Zu Anfang war es ziemlich merkwürdig zwischen Ulli und Anna. Und dieser Anfang<br />

dauerte fast über ein Jahr. Sie lernten sich bei Robbi auf der Terrasse kennen. Dort, wo in<br />

feierlicher Entspanntheit getrunken, geschnupft und gefixt werden durfte. Bei Robbi traf sich die<br />

Clique meistens. Vor allem zum Wochenende, wenn sich seine Eltern mit dem Grill aufs Land<br />

verzogen, um aufzutanken. Natürlich konnte nicht jeder bei Robbi vorbeischauen. Die Clique<br />

achtete schon darauf, unter sich zu bleiben. Man war viel zu vertraut miteinander, <strong>als</strong> dass andere<br />

Typen noch auf die Terrasse gepasst hätten. Außerdem gab es in Aachen wenige Gestalten, die zu<br />

ihnen gepasst hätten, das glaubten sie jedenfalls - das glaubten sie jedenfalls. Keiner von ihnen<br />

betrachtete sich und den anderen <strong>als</strong> einen verstümmelten Spießer, <strong>als</strong> jemanden, der auch nur<br />

halbwegs hinter dem vorgegaukelten So-und-nicht-Anders stand, das sie unentwegt zu Hause oder<br />

auch in der Schule zu hören bekamen.<br />

Robbi galt <strong>als</strong> Leichtfüßler in der Gruppe, obwohl er sich im Gymnasium schwerer tat <strong>als</strong><br />

seine ständigen Gäste und schon einmal backengeblieben war. Sein Elternhaus hatte ihn nie<br />

wohlbehütet, dafür aber immer wohlbetucht ausgestattet. Schon eine Woche nach der<br />

Führerschein-Prüfung, die er genau zu seinem 18. Geburtstag ablegte, kurve "Kind Robbi" mit<br />

Vaters 350-Metallic-Mercedes durch Aachens City - Blinkhupe hier, Blinkhupe dort. "Kannste mir<br />

mal den Schlüssel geben" war auch die einzige Gesprächsebene, die Robbi mit seinem Stiefvater<br />

fand. Sonst war Funkstille. Er kannte seinen neuen Vater erst seit vier Jahren, - einen Chirurgen,<br />

dessen Lebensinhalt hauptsächlich aus Knochen und Geld bestand.<br />

Andy, gerade erst siebzehn geworden, zählte jeder zu seinem besten Freund. Ein<br />

Gemütskerl, groß, dick, breit, mit vielen Pickeln im Gesicht, lange, strähnige Haare, immer in<br />

buntgefleckten und verwaschenen Jeans. Andy, litt unter seinem Fettkomplex, genoss es aber<br />

sichtlich, der größte Schluckspecht in der Clique zu sein. "Von nix kommt nix", war sein<br />

Standartspruch. "Und du weißt ja, wenn man säuft oder auch kifft, findet man sehr schnell ein paar<br />

Freunde." Andy hatte viele Kumpels in der Stadt. Ab und zu kippte er frühmorgens vor der<br />

Physikstunde noch schnell einen Flachmann herunter, um seine zittrigen Finger, die ihm oft lästig<br />

waren, unter Kontrolle zu bringen. Selbstverständlich vergaß Andy nie sein obligates Kaugummi,<br />

wenn er den Klassenraum betrat und allseits mit seinem "Hallo, ah, Hallo" einen guten Morgen<br />

wünschte.<br />

Ulli wohnte erst zwei Jahre in Aachen. Er kam <strong>als</strong> 15jähriger mit seiner Mutter aus<br />

Iserlohn angereist, kurz, nachdem die Scheidung seiner Eltern ausgestanden war. Seinen Vater sah<br />

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