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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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"Verstümmelungen" (Fanon) der Unterdrückung zu heilen vermag. Jahrzehnte später - im neuen<br />

Jahrtausend angekommen - werden Fanon und noch viele Weggefährten seiner Epoche <strong>als</strong><br />

Vordenker, Vorläufer des mittlerweile international agierenden Terrorismus eingestuft. - Verquere<br />

Jahre, verqueres neues Denken .<br />

Wo und mit wem haben in der Geschichte jem<strong>als</strong> Freiheitskämpfe ohne Gewalt ohne<br />

Waffen stattgefunden? Seit wann aber werden politisch legitimierte Unabhängigkeits-Konflikte von<br />

Ländern, Regionen mit Anarcho-Terroristen ohne Sinn und Verstand oder gewöhnliche Banden in<br />

einem Atemzug genannt, abgestempelt. Waren etwa die französischen Résistants gegen die<br />

deutschen Besatzer auch Terroristen, Graf von Stauffenberg (*1907+1944) oder Georg Elser<br />

(*1903+1945) auch gewöhnliche, kriminelle Gewalttäter, die Hitler zu liquidieren gedachten? -<br />

Waren auch sie Terroristen? Oder etwa die unterdrückten, gejagten, gefolterten Kurden in der<br />

Türkei und im Norden Iraks - Freiheitskämpfer oder auch sie Terroristen? Grobschlächtig,<br />

unachtsam - gedankenverloren dümpeln vorherrschende Definitionen im neuen Jahrtausend vor<br />

sich hin. Klärungsbedarf.<br />

Jedenfalls sah Algeriens erster Präsident Ahmed Ben Bella (1962-1965) in Frantz Fanon<br />

nicht nur einen "Kampfgefährten", sondern einen Führer, der durch sein "geistiges und politisches<br />

Testament" die algerische Revolution sicherte. Seinerzeit wurde in der Dritte Welt auch vom<br />

Fanontismus geredet; in Entwicklungsländern, in denen mehr <strong>als</strong> zwei Drittel der Weltbevölkerung<br />

lebt, die doppelt so schnell wächst wie beispielsweise Europa. Diese <strong>als</strong> Buch gebündelte<br />

Druckerschwärze gilt <strong>als</strong> Weltanschauung in jenen Nationen, in denen 30 bis 40 Prozent der<br />

Stadtbewohner in Slums hausen, zwanzig Prozent der Arbeitswilligen keinen Job finden - mitunter<br />

85 Prozent der Menschen Analphabeten sind - sage und schreibe über 25 Millionen Kinder,<br />

Männer und Frauen an direkten wie indirekten Folgen des Hungers sterben.<br />

Es waren die frühen Jahre des Algierfranzosen Albert Camus (*1913+1960). Er hatte<br />

bereits seine erste Essay-Sammlung "L'Homme révolté" (Der Mensch in der Revolte) (1947-1951)<br />

veröffentlicht. Nur Albert Camus wollte sich mit seiner schwer erkämpften Rolle <strong>als</strong> Romancier in<br />

Literaten-Salons bürgerlicher Zaungäste kaum begnügen. Ein sozusagen "linker Pazifist", das war<br />

er, ein Schreiber, der sich einmischte. So versuchte Camus <strong>als</strong> Journalist gleichsam aktuell Einfluss<br />

zu nehmen, geißelte Härte wie Unnachgiebigkeit der Kolonialherren unter der Trikolore. Nur seine<br />

Vermittlungsversuche verhallten in dieser fanatisch aufgeladenen Vorkriegsperiode. Das Camus-<br />

Plädoyer einer bürgerrechtlichen Gleichstellung der „arabes“ war den meisten Franzosen verpönt,<br />

zu radikal. - Berührungsängste. Von Tuberkulose gezeichnet schrieb Albert Camus 1957 einen<br />

Sammelband von meist in Nordafrika spielenden Erzählungen - Resignation und wohlbedachte<br />

Reminiszenzen an Algerien - "L'Exil et le Royaume" (Das Exil und das Reich). - Algerien ein Land,<br />

das er liebte. Im Januar 1960 kam Albert Camus bei einem Autounfall in Frankreich ums Leben. -<br />

Unterdessen musste Algerien noch zwei Jahre für seine Unabhängigkeit kämpfen.<br />

Der revolutionäre Marxist und südamerikanische Guerillaführer Ernesto Che Guevara<br />

(*1928+1967) wies der algerischen Politik ihre Richtung, <strong>als</strong> er auf der 2. afro-asiatischen<br />

Wirtschaftskonferenz im Februar 1965 in Algier erklärte: "Möge das großartige algerische Volk, das<br />

wie kaum ein anderes ausgebildet ist in den Leiden für die Unabhängigkeit, unter der<br />

entschlossenen Führung seiner Partei mit unserem lieben Genossen Ahmed Ben Bella an der<br />

Spitze, uns zur Inspiration dienen in diesem erbarmungslosen Kampf gegen den weltweiten<br />

Imperialismus."<br />

Ob Befreiungskämpfe politisch wie moralisch legitim sind, ist nicht Gegenstand dieses<br />

Berichts. Bekanntlich waren es lateinamerikanische Priester und Freiheitskämpfer wie in Bolivien<br />

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