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der Partei. Die SPD wäre mit ihrer Pressepolitik besser gefahren, wenn Nau einmal an etwas<br />

anderes gedacht hätte."<br />

Nau nennt sich bescheiden "Partei-Kassierer". Doch Eingeweihten gilt er <strong>als</strong> der<br />

mächtigste Mann in der SPD. Seit 26 Jahren verwaltet Alfred Nau in der Bonner "Baracke"<br />

unangefochten die Millionen, die in die Parteikasse fließen. Er ist die Symbolfigur des treuen<br />

Funktionärs, ein Mann der ersten Stunde nach 1945, der sich "für die Partei in Stücke reißen<br />

lassen" würde, wie Willy Brandt schrieb.<br />

Manager Nau steuert das viertgrößte Presseunternehmen in der Bundesrepublik, die<br />

"Konzentrations GmbH" mit einem Jahresumsatz von zuletzt 509 Millionen Mark. Er kontrolliert<br />

Zeitungsverlage, die täglich nahezu 700.000 Exemplare auf den Markt bringen. Er ist für 10.000<br />

Arbeitsplätze verantwortlich. - Der Schatzmeister, Manager und Verleger ist außerhalb der<br />

Parteizentrale kaum bekannt. Nau tritt nicht ins Rampenlicht, Ministerämter haben ihn nie gereizt.<br />

Er ist die "graue Eminenz" in der Bonner Baracke, wortkarg, zurückhaltend, sich aber immer seiner<br />

Schlüsselposition bewusst.<br />

Alfred Nau, 65, seit 50 Jahren SPD-Mann, verteidigt entschlossen sein Machtmonopol im<br />

Parteiapparat. Er vereitelte, dass der frühere Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Wischnewski<br />

(*1922+2005) einen eigenen Verfügungsetat erhielt und so selbstständig Mitarbeiter hätte<br />

engagieren können. Als "Ben Wisch" daraufhin 1971 seine direkte Wahl durch den Bundesparteitag<br />

anstrebte, um seine Position zu stärken, brachte Nau genügend Stimmen dagegen zusammen. Der<br />

Antrag erhielt nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit. Resigniert nahm "Ben Wisch" seinen<br />

Hut.<br />

Zu Naus 65. Geburtstag schrieb Parteichef Willy Brandt (1964-1987): "Er genoss und<br />

genießt das Vertrauen, Treuhändler von Hunderttausenden zu sein. Gerade dies begründet auch<br />

seine besondere Stellung im Parteivorstand und im Präsidium." - Ein dreiviertel Jahr später aber ist<br />

der "Treuhänder von Hunderttausenden" mit seiner Pressepolitik ins Zwielicht geraten. Immer<br />

mehr sozialdemokratische Zeitungen sind zum Sterben verurteilt. Kaum waren die Berliner<br />

Tageszeitungen "Telegraf" (1946-1972) und "Nachtdepesche" eingestellt und 230 Mitarbeiter<br />

gekündigt, meldet der Branchendienst "text intern" Gerüchte über das bevorstehende Ende der<br />

"Neuen Hannoverschen" und der in Dortmund erscheinenden "Westfälischen Rundschau". Ende<br />

September 1972 muss die parteieigene "Kieler Druckerei" schließen. SPD-Druckereien in Köln und<br />

Hannover können sich nur über Wasser halten, indem sie über ihre Rotationen Springers Bild-<br />

Zeitung laufen lassen.<br />

Der SPD-eigene "Auerdruck" in Hamburg druckt einen Großteil der bundesdeutschen<br />

Porno- und Regenbogenpresse. Die SPD-eigene Wochenzeitschrift "Die Zwei" (Startauflage:<br />

650.000) mit Schnulzen über Romy Schneider, Farah Diba und Soraya fand zu wenig Leser und<br />

musste drei Monate nach ihrem Erscheinen eingestellt werden. Die Berliner Zeitungseinstellungen<br />

hatten peinliche Begleiterscheinungen. Zur selben Zeit, <strong>als</strong> die Springer-Presse die SPD zum<br />

Prügelknaben der Nation machte, verhandelte der sozialdemokratische Schatzmeister mit dem<br />

Springer-Verlag wegen der "Nachtdepesche". Als die Angelegenheit publik wurde, wollte Alfred<br />

Nau die Verhandlungen <strong>als</strong> "unverbindliche Gespräche" abtun. Darauf Springer: "Es ist<br />

unzutreffend, dass lediglich unverbindliche Gespräche über eine Übernahme der 'Nachtdepesche'<br />

durch den Axel-Springer-Verlag stattgefunden haben. Es handelte sich vielmehr um ... konkrete<br />

Verhandlungen."<br />

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