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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Geständnisse während eines Verhörs erübrigen fortan die Beweisaufnahme vor Gericht;<br />

es sei denn, ein Angeklagter kann beweisen, dass er sein Geständnis unter Folter abgegeben hat.<br />

Die Beweislast liegt dann bei hm. Bisher hat noch kein Zeuge geladenerer Folterer sein Handeln<br />

zugegeben.<br />

Begleitende Maßnahmen sind Strafzumessungen außerhald jeder Relation: Der Besitz<br />

einer Pistole etwa kann eine 15jährige Gefängnisstrafe nach sich ziehen. Eine totale Pressezensur<br />

wurde verfügt. Zeitungen und Rundfunk wurde am 22. April 1976 durch Regierungsdekret sogar<br />

verboten, über den Tod von "Subversiven" oder das Auffinden von Leichen zu berichten, wenn<br />

dies nicht von offizieller Seite bekanntgegeben war. Dazu kommt der nackte Terror:<br />

Lord Avebury zählte in seinem Bericht für amnesty international nach der Befragung<br />

argentinischer Gefangener <strong>als</strong> gängigste Methoden auf; Schläge, Elektroschocks, U-Boot (das<br />

Eintauchen in Wasser bis kurz vor dem Erstickungstod), das Verbrennen mit Zigaretten, das<br />

Überschütten von Gefangenen mit Wasser bei Minus-temperaturen, das Aufhängen von Opfern an<br />

den Handgelenken, der Entzug von Nahrung, Getränken und Schlaf, Vergewaltigung. Die<br />

argentinische Menschenrechts-Kommission nennt in ihrem Bericht unter Berufung auf<br />

Zeugenaussagen noch weitere Ungeheuerlichkeiten: das Absägen von Händen oder Füßen,<br />

Verstümmelung durch beißende Hunde, die auf die Opfer gehetzt werden.<br />

Die schmutzigste Arbeit überlassen die Militärs der Alianza Argentina Anticomunista.<br />

Diese Todes- kommandos, zusammengesetzt aus rechts-extremistischen Soldaten, die einen<br />

Feierabendjob brauchen sowie Militärs und Polizisten, die dienstfrei haben, verhaften,<br />

verschleppen, plündern, foltern und töten mit Billigung der amtlichen Stellen. In keinem einzigen<br />

Fall wurde versucht, eine Untersuchung der Aktionen der AAA vorzunehmen, im Gegenteil: die<br />

AAA-Kommandos sind ausgerüstet mit den Ford-Falcons der Sicherheitskräfte. Rufen tatsächlich<br />

einmal Augenzeugen einer AAA-Aktion die Polizei, dann lassen die Polizisten diese Kommandos<br />

ungestört weiter agieren.<br />

Im August 1976 erklärte der argentinische Außen minister Admiral César Guzetti (*1925<br />

+1988) nach einer Rede vor den Vereinten Nationen in New York: "Meine Vorstellung von<br />

Subversion oder Terror ist das Auftreten von linken Terrororganisationen. Subversion oder Terror<br />

auf der Rechten ist nicht dasselbe. Wenn der soziale Körper eines Landes infiziert ist, bildet er<br />

Anti-Körper. Diese Anti-Körper kann man nicht in gleicher Weise beurteilen wie die Bakterien. Sie<br />

sind nur eine natürliche Reaktion auf eine Krankheit." Während seiner Amtszeit traf sich César<br />

Guzetti mit seinem amerikanischen Amtskollegen Henry Kissinger (1973-1977). Er sicherte der<br />

Militärjunta seine Unterstützung zu.<br />

Nach dem Mord an dem General Omar Actis, dem Organisator der Fußball-<br />

Weltmeisterschaft 1978, wurden am nächsten Tag in einer Vorstadt von Buenos Aires 30 Leichen<br />

gefunden, von Schüssen und Dynamit zerrissen. Keiner dieser Toten hatte Schlipse, Gürtel oder<br />

Schuhbänder - sichere Indizien dafür, dass es sich um Gefangene handelte. Das gleiche passierte<br />

nach dem Anschlag auf den Polizeichef Cardozo. Noch am selben Tag wurde das Elternhaus der<br />

Attentäterin in die Luft gesprengt, in der darauffolgenden Nacht wurde auf einem Parkplatz im<br />

Zentrum von Buenos Aires die verstümmelten Leichen von acht jungen Männern und Frauen<br />

gefunden.<br />

Zwar ist die Todesstrafe offiziell wieder eingeführt, aber die Militärs haben entdeckt, dass<br />

die Ermordung unliebsamer politischer Gegner bequemer ist <strong>als</strong> eine legale Erschießung, bei der es<br />

zu Protesten aus dem Ausland kommen kann. Am 6. Oktober 1976 wurden auf hartnäckige<br />

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