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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Leib, zerschlagene Schläfen." Pinochet reagiert sachkundig: "Autounfall", sagt er. "Ein typisches<br />

Beispiel, wie jene zwei Terroristen, die vor ein paar Tagen einer Streife ausrissen. Ihr Wagen<br />

überschlug sich dabei. Manchmal versuchen die Herren sich freizuschießen, sogar mit<br />

Handgranaten. Auch auf unserer Seite, Madame, gibt es Opfer. Aber vielleicht ist der Mann, den<br />

Sie sahen, auch auf eine ganz gewöhnliche Weise verunglückt, und seine kommunistischen<br />

Angehörigen benutzen dies, um uns eins auszuwischen. Große, geschickte Lügner, die<br />

Kommunisten. Vor ein paar Tagen hat ein Arbeiter ein kleines Mädchen geschändet und verbreitet,<br />

die Polizei habe das getan. Wir holten ihn ab, und er gestand die Wahrheit. Was Ihre Presse nicht<br />

daran hindert, uns <strong>als</strong> perverse Verbrecher zu verleumden."<br />

Ein anderer Reporter: "Der Mapacho-Fluss und die Gewässer der südlichen Provinzen<br />

von Cantía und Valdiria spülen täglich entsetzlich zugerichtete Leichen an die Uferböschungen."<br />

Pinochet: "Diese Menschen sind nicht durch Soldaten getötet worden. Extremisten haben<br />

Schwerverletzte in den Fluss geworfen, weil sie sie nicht hätten pflegen können." Die Folterlager in<br />

Tejas Verdes in Fuerte Borgono, in Talcahuano, in der Academia de Guerra Aérea, die<br />

Torturzentren in der Villa Grimaldi, in Tres Alamos , in der Calle José Domingo Canas oder in der<br />

Calles Londres 42, existieren für Augusto Pinochet gar nicht. Er tut so, <strong>als</strong> würde er es auch Hitler<br />

abnehmen, nichts von Auschwitz gewusst zu haben.<br />

Die Isolierhaft, der Schlafentzug, die Prügel, die Vergewaltigung, das Ausreißen der<br />

Fingernägel, die Behandlung mit Drogen, die Elektroschocks, die Papageienschaukel -für Augusto<br />

Pinochet sind es "Gräuelmärchen, die aus Moskau kommen". Der Bericht der UNO-<br />

Menschenrechtskommission, die 150 Zeugen in Genf, Paris, New York und Caracas vernahm, der<br />

Report der Internationalen Juristen-Kommission, die in Chile über Hunderten von Schicksalen<br />

minutiös nachging, die Nachforschungen der Internationalen Arbeitsorganisation, die das Regime<br />

für den Tod von 119 Gewerkschafter verantwortlich macht - die Materi<strong>als</strong>ammlung der kirchlichen<br />

Vicaría de Solidaridad in Santiago, die Statistiken des Lutherischen Weltbundes (50.000 Ermordete<br />

seit dem Putsch) und von amnesty international (130.000 Menschen wurden seit 1973 für kürzere<br />

oder längere Zeit interniert, 1.500 Chilenen sind spurlos verschwunden, wahrscheinlich tot) - 4.000<br />

noch in Haft. Pinochet begegnet den Anklagen mit kaltschnäuziger Ignoranz.<br />

Er weiß sich bei seiner Politik der Unterstützung der internationalen Hochfinanz sicher.<br />

Seit dem Umsturz sind die Militärjunta insgesamt 2.5 Milliarden Dollar zugeflossen: Von<br />

Finanzorganisationen, ausländischen Privatbanken, Verkäuferkredite und staatliche Hilfen<br />

insbesondere von den USA, Brasilien und Argentinien. Bis ins Jahr 1980 werden der Diktatur<br />

weiterhin 500.000 Dollar jährlich gewährt; <strong>als</strong> Finanzspritze weiterer Repressionen sozusagen.<br />

Selbst die Volksrepublik China pumpte 125 Millionen Mark in eine Kugellagefabrik. Im April 1977<br />

war auch ein deutscher Großbankier Hermann Josef Abs (*1901+1994) zu Gast. Die chilenische<br />

Zeitung El Mercurio berichtete: "Herr Abs, einer der einflussreichsten europäischen Bankiers,<br />

erklärte, er sei auf Grund der Zuneigung zu Chile gekommen, die er für unser Land verspüre, wo er<br />

zum ersten Mal vor fünfzig Jahren <strong>als</strong> Student gewesen sei. Andererseits stehe das Institut, dessen<br />

Ehrenpräsident er ist, an der Spitze eines Bankenkonsortiums, das sich anschickt, der Corporacion<br />

del Cobre einen Kredit über hundert Millionen Dollar zu gewähren. Die Deutsche Bank hatte<br />

kürzlich der chilenischen Zentralbank einen Kredit über 50 Millionen Mark für den Kauf von<br />

Kapitalgütern eingeräumt." - Am Nachmittag konferierten, wie sollte es auch anders sein, Bankier<br />

Abs und Folter-General Pinochet im Gebäude Diego Portales. Der Diktator zum Bankier: "Unter<br />

den Nationen der Welt gibt es keine, der sich das chilenische Volk näher fühlt <strong>als</strong> den Deutschen."<br />

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