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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Schwarzes Personal besorgt den Haushalt, putzt Schuhe, macht Betten, kocht deutsche<br />

Küche, pflegt den Rasen und fährt die blonden Kinder aus. Den "Herrschaften" ergeben ist es<br />

außerdem. Landwirtschaftsfachmann Herbert Pils: "Wenn wir heute einen rausschmeißen, stehen<br />

morgen zwanzig Neue vor der Tür." Selbst vor den reinrassigen Schäferhunden Roli und Bingo<br />

haben die Dienstboten zu kuschen. Arnold von Rümker, Projekt-Vizechef: "Keine Angst vor dem<br />

Hund. Er beißt nur Schwarze."<br />

Dieses Kolonial-Herrenleben wird im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu<br />

Zeiten des linksorientierten SPD-Politikers Erhard Eppler (1968-1974) "sinnvolle<br />

Entwicklungshilfe für den Staat Malawi" genannt und <strong>als</strong> "größtes deutsches landwirtschaftliches<br />

Programm in dieser Region Afrikas" bezeichnet.<br />

Malawi ist mit 118.485 qkm fast halb so groß wie die Bundesrepublik. Im Norden grenzt<br />

es an das einst sozialistische Tansania, im Westen liegt Sambia, im Osten und Süden ist das frühere<br />

Nyassaland vom ehemaligen portugiesischen Kolonialgebiet, dem Mozambique umgeben. Die<br />

dam<strong>als</strong> 4,6 Millionen (im Jahre 2006 insgesamt 13 Millionen) Einwohner zählen zu den Ärmsten<br />

der Welt. Der Jahresverdienst liegt im Durchschnitt bei 200 Mark. Die Mehrheit der Bevölkerung<br />

lebt von einem US-Dollar pro Tag. Nahezu 90 Prozent der Menschen ernähren sich von der auf<br />

primitive Weise betriebene Landwirtschaft. Satt werden die meisten davon ohnehin nicht.<br />

Seit Malawi im Jahr 1964 selbstständig wurde, investierte die einstige Kolonialmacht<br />

England 60 Millionen Pfund Sterling in dem keiner Linksexperimente verdächtigen<br />

Entwicklungsland. Ohne dieses Geld könnte es in Malawi überhaupt keine Verwaltung, keinen<br />

Verkehr geben. Kamuzu Hastings Banda (*1896+1997) war der erste Präsident des<br />

Einparteienstaates - ein gefürchteter Diktator auf Lebenszeit. Er trat nach den ersten freien Wahlen<br />

im Jahre 1993 ab. Banda verfügte über Bankkonten in der Schweiz, England, war Eigentümer von<br />

Baumwoll-und Tabakpflanzen und einer Tankstellen-Kette. Sein Privatvermögen belief sich auf<br />

320 Millionen US-Dollar. Sein Leitmotiv: "Notfalls erbettele ich mir das Geld vom Teufel, um<br />

mein Land voranzubringen."<br />

Solcher Aufforderung, Entwicklungshilfe zu leisten, hatte es bei der deutschen Regierung<br />

zu Zeiten des "Kalten Krieges" zwischen Ost und West gar nicht bedurft.<br />

Bandas rigoroser Antikommunismus passte dem CDU-Kanzler Konrad Adenauer<br />

(*1876+1967) genau ins politische Konzept. Der frühere Arzt Banda, nannten ihn seine Anhänger,<br />

machte im Jahre 1993 eine Bitt-Reise nach Bonn an den Rhein und warf einen entrüsteten Blick<br />

über die Berliner Mauer. Seitdem ist die Bundesrepublik in Malawi engagiert. Konrad Adenauer<br />

gewährte 50 Millionen Mark Kapitalhilfe für Straßenbau und eine Rundfunkstation. Die Minister<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit Walter Scheel (1961-1966), Hans-Jürgen Wischnewski (1966 -<br />

1968) und Erhard Eppler pumpten weitere 49 Millionen Mark in das deutsche Landwirtschaftsprojekt<br />

Salima, vier Stunden nordöstlich von der Metropole Blantyre. Salima ist eine Stadt in der<br />

Zentralregion von Malawi. In ihr leben Schätzungen aus dem Jahre 2006 insgesamt 32.000<br />

Menschen; davon 80 Prozent unterhalb der inländischen Armutsgrenze.<br />

In dieser Region, die so groß wie das Saarland ist, bearbeiten 90.000 Kleinbauern bisher<br />

ihre Felder mit primitiven Hacken. Die Erträge an Baumwolle, Reis und Erdnuss waren so kläglich,<br />

dass sie einer achtköpfigen Familie nur ein Jahreseinkommen von gleichweise 123 Mark<br />

einbrachten. - Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig.<br />

Im Jahre 1968 kamen dann die deutschen Experten ins Land. Ihre Aufgabe: eine<br />

exportfähige und Devisen bringende Baumwollproduktion in Gang zu setzen. Ihr erster Schritt<br />

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