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Verstaatlichung von Schlüsselindustrien und die staatliche Kontrolle des Außenhandels. Mit diesem<br />

Programm traten in Latein- amerika ganz unterschiedliche linke Strömungen an; Salvador Allende<br />

(*1908+1973; chilenischer Präsident 1970-1973), General Juan José Torres González (1921-1976),<br />

die reformerischen Generäle in Peru und in Argentinien der Peronismus.<br />

Juan Domingo Perón (*1895+1974) regierte Argentinien zwei Mal. Seine Amtszeit dauerte<br />

von 1946 bis 1955, seine zweite währte von 1973 bis zu seinem Tod am 1. Juli 1974. Auch Perón<br />

war ein klassischer Diktator, ein wesentlicher Zug aber unterschied ihn von Amtskollegen à la<br />

Alfredo Stroessner (*1912+2006; Präsident und Diktator von Paraguay 1954-1989) in Paraguay.<br />

Das waren Peróns sozialreformerischen Ideen. Er setzte sich für eine Steigerung der<br />

Arbeitereinkommen ein, für einen Ausbau des Gewerkschaftssystems. Seine erste Frau Evita<br />

(*1919+1952) wird noch heute in Argentinien verehrt <strong>als</strong> die "Königin der Armen".<br />

Es war allerdings ein sehr spezielles Gewerkschaftssystem, das der argentinische Präsident<br />

aufbaute, keine klassische, demokratische Arbeiterbewegung wie in Europa, sondern ein<br />

Gewerkschaftstum von Peróns Gnaden. Die Gewerkschaftsbosse waren seine Statthalter auf dem<br />

Arbeitersektor und brauchten von dem Moment an, wo sie sein Wohlwollen hatten, nicht mehr zu<br />

befürchten, dass sie abgewählt werden könnten.<br />

Wer Peróns Stimme hatte, der blieb.<br />

So entwickelten sich an der Spitze vieler Gewerkschaften klassische Mafiosi, die ihre<br />

Gewerkschaft wie ein Gangstersyndikat regierten. Typische Beispiele dafür waren die<br />

Metallarbeiter-Bosse. Augusto Vandort, er starb bei einem Attentat, und Lorenzo Miguel, der heute<br />

hinter Gittern sitzt. Standen bei den Metallern Gewerkschaftswahlen an, und es wagte jemand, eine<br />

Gegenliste zu machen, war der so gut wie tot. Vandort und später Miguel schickten ihre<br />

Bodyguards los, die den Opponenten empfahlen, sich schleunigst zu verziehen und denjenigen, der<br />

nicht gehorchte, einfach umnagelten.<br />

Der Sieg bei der Gewerkschaftswahl war dann so gut wie sicher. Hinzu kam: die<br />

Wahlbeteiligung betrug im Durchschnitt nur drei Prozent, und bei dieser Wahlbeteiligung konnten<br />

die Bosse zum großen Teil schon mit den Leuten, die sie in die Gewerkschaft geschleust hatten,<br />

ihre Mehrheit sichern. Dazu gehörten die Bodyguards und die mit Verwaltungsjobs belohnten<br />

Anhänger bis hinunter zum Portier oder zum Fahrer. Die meisten Leute hatten mit dem<br />

Metallarbeitersektor nicht das geringste zu tun.<br />

Einer der größten Gauner im argentinischen Gewerkschaftswesen hieß Coria, er war<br />

Anführer der Bauarbeiter-Gewerkschaft, zugleich aber auch einer der größten Bauunternehmer<br />

Argentiniens. Auch er starb bei einem Anschlag der Linken. Ein anderes Prachtexemplar<br />

argentinischer Gewerkschaftsbewegung war der Anführer der Handelsgewerkschaft March, der<br />

eines Tages eine eigene Bank gründete. Er steckte so viel Einlagegelder <strong>als</strong> Nettogewinn weg, dass<br />

selbst die Bankaufsicht in Argentinien nicht mitmachen wollte. Der Mann wanderte hinter Gitter,<br />

für ein Jahr allerdings nur, und in eine Luxuszelle mit Fernsehen.<br />

Wie verrottet auch immer die peronistischen Gewerkschaften sich entwickelten, zu einem<br />

hatte es politisch geführt: Ein großer Teil der Linken wurde in Argentinien aufgezogen durch die<br />

peronistische Bewegung. Nach seiner ersten Amtszeit (1946-1955) wurde Perón gezwungen, ins<br />

Exil zu gehen. In Argentinien wechselten sich dann in rascher Folge Militärregierung und<br />

Zivilregierungen ab. Keiner aber ist es gelungen, die peronistische Bewegung aufzusaugen. Perón<br />

und erst recht seine Frau Evita, die 1952 an Krebs starb, waren längst zu einem übergroßen Mythos<br />

in Argentinien geworden.<br />

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