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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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persönlichen Daten wurden in der Tageszeitung "Keyhan" veröffentlicht, und dabei ist den<br />

Agenten ein kleiner, aber folgen-schwerer Fehler unterlaufen: Die Reihenfolge der Namen wurde<br />

nach dem deutschen und nicht, wie sonst üblich, nach dem persischen Alphabet aufgezählt.<br />

Die Teheraner SAVAK-Zentrale an der neugebauten Ausfallstraße nach Chemiran, ein<br />

moderner Gebäude-komplex, von Antennenwäldern überragt, wirkt nach außen wie ein Privatclub.<br />

Die Telefonanschlüsse 77 65 55 oder 77 60 20 sind bis 14 Uhr Ortszeit für die europäischen<br />

Agenten anzuwählen. Dossier Nr. 704/315 vom 7. Oktober 1971 bestimmt, dass die SAVAK-<br />

Spitzel "jede kleinste Nachricht" sofort durchzugeben haben. Aufgrund dieser Spitzel-Meldungen,<br />

meist über in Europa studierende politisch engagierte Söhne und Töchter, durchkämen<br />

Geheimpolizisten Häuserblocks und Wohnungen, verhaften Eltern, Verwandte und Freunde. In<br />

Teheran herrscht Angst, die sich zur Neurose steigert. SAVAK-Agenten lauern überall. In<br />

angemieteten Wohnungen und Villen, in Schulen und Universitäten, in ausländischen Vertretungen<br />

und Gesellschaften, in Betrieben und Ämtern. Selbst in den Schlafsälen der Studentenheime oder<br />

in den Automaten-Restaurants. Und natürlich in den Nobelhotels "Intercontinental" und im "Royal<br />

Teheran Hilton" am Vanak Parkway im Norden der Stadt. Dort, wo das Geschäftsleben pulsiert<br />

und sich die obere Gesellschaftsschicht gern sehen lässt, sind Richtmikrofone, Mikros und<br />

Kameras installiert.<br />

Der französische Publizist Gérard de Villiers berichtet in seinem Buch "Der Schah" über<br />

ein SAVAK-Missgeschick, das den Agenten nachts im Hilton-Hotel passierte. "Ein Geschäftsmann<br />

hört eines Nachts, wie jemand an seine Tür klopft. Er öffnet und erblickt vor sich eine<br />

bezaubernde junge Dame, die sich sogleich entgegenkommend zeigt, ihm erklärt, dass sie auf<br />

demselben Flur wohne, dass er ihr im Speisesaal aufgefallen sei und dass sie sich etwas langweile.<br />

Dem Mann aber erscheint die Sache verdächtig; er komplimentiert die Dame hinaus und legt sich<br />

wieder ins Bett. Kurze Zeit später wird seine Tür plötzlich mit einem Nachschlüssel geöffnet,<br />

jemand stürzt herein, und der Geschäftsmann wird in seinem Bett vom Blitzlicht eines<br />

Fotoapparates geblendet."<br />

Die SAVAK (Kurzform von Sazeman-e Ettela'at va Amniat-e Keshar) ist der größte<br />

Geheimdienst der Welt. Über 60.000 Mitarbeiter stehen bei ihr fest im Brot. Drei Millionen Iraner ,<br />

so das amerikanische Magazin "Newsweek" verdingen sich gelegentlich und geben Tipps und<br />

Denunziationen. Auf jeden elften Iraner kommt ein Spitzel, an den Universitäten sogar auf jeden<br />

dritten. Wer heute zur SAVAK einen Vergleich sucht, muss schon in die Historie zurückgehen.<br />

Stalins (*1878+1953) allmächtiger NKWD wird dem Repressionsapparat Schah Resa Pahlewi am<br />

ehesten gerecht.<br />

Der Ölreichtum hat den Schah für die Realität blind gemacht. In jedem Verwaltungszimmer<br />

und in den Betrieben posiert er auf einem Foto <strong>als</strong> "Mann der Vorsehung, <strong>als</strong> ein Heiliger",<br />

so sein Hofminister Assadollah Alam. Die ganze Nation kriecht zu Füßen, ausländische<br />

Diplomaten und Geschäftsleute schließen sich devot an. Mohammad Resa Pahlevi liebt die<br />

neoklassizistischen Paläste, die sich die deutschen Könige im verflossenen Jahrhundert bauen<br />

ließen. Er ist felsenfest davon über-zeugt, dass nicht er den Göttern, sondern Gott ihm ein<br />

Denkmal setzen werde. Deshalb sagt er auch ohne Ironie. "Gott ist mein einziger Freund."<br />

Je mehr Öl-Dollars ins Land fließen, desto ehrgeiziger werden seine Projekte, doch desto<br />

dünnhäutiger und intoleranter wird er. Ein englischer Ingenieur beispielsweise musste innerhalb<br />

von 24 Stunden das Land verlassen. Er hatte auf der Straße einen Kater aufgelesen und ihn aus Jux<br />

"Schah" genannt. - Die SAVAK-Ohren waren dabei.<br />

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