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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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Wer sich nach derlei fortwährenden Konzern-Höhenflügen wieder dem widerborstigen<br />

Schulalltag nähern wollte, der fand bei dem Verlag Westermann in der Zeitschrift Schul-<br />

Management Ausstattungsvorschläge und Kosten-Kalkulationen für eine vierzügige Sekundarstufe<br />

(Klasse 7 bis 10). Die Ausstattungs-Alternativen, die <strong>als</strong> eine Minimalausrüstung verstanden<br />

werden, beziehen primär nur "traditionelle" Geräte ein (vier Tageslicht-Projektoren, zwei Episkope,<br />

ein 16mm-Tonprojektor, zwei Dia-Projektoren, ein Tonband-Gerät, einen Plattenspieler und ein<br />

Radio). Diese eher traditionelle Ausrüstung, die den Audiovisions-Experten nur ein gelangweiltes<br />

Lächeln abtrotzt, kostet etwa 11.000 Mark. Bemerkenswert ist jedoch, dass bei einem zusätzlich<br />

vorgeschlagenen Erweiterungsprogramm, das bis zu einem Gesamtpreis von 55.000 Mark geht,<br />

Video-Rekorder und Fernsehkameras (schwarz-weiß) erst dann ihre Berücksichtigung finden, wenn<br />

jede Klasse mit ihrem eigenen Tageslicht-Projektor ausgestattet ist. - Chancengleichheit.<br />

Während für Westermann-Verlagsdirektor Schröder Tageslichtprojektoren "sich in den<br />

Schulen inzwischen etabliert haben", diktiert die Statistik eine andere Sprache. Danach besitzen<br />

insgesamt 62 Prozent aller westdeutschen Schulen noch nicht einmal einen einzigen Tageslicht-<br />

Projektor. Diese Zahl veröffentlichte Heribert Heinrichs (*1922+2004) Professor für<br />

Medienpädagogik an der Universität Hildesheim (1958-1987). Selbst von Westermanns<br />

Minimalprogramm ist die Schul-Wirklichkeit noch sehr weit entfernt. Die Untersuchungen, die<br />

Heribert Heinrichs in seinem Buch "Lehr- und Lernmittel" (1972) veröffentlichte, beweisen dies<br />

hinreichend. Demzufolge hatte ein deutscher Klassenlehrer im Jahre 1968 durchschnittlich nur 125<br />

Mark <strong>als</strong> Jahresausgabe seines Schulträgers für die so genannte Erweiterung, Ergänzung oder auch<br />

Erneuerung seines didaktischen Reservoirs (ohne Bücherei) zur Verfügung. Deutschland - ein<br />

Entwicklungsland. Zur Erinnerung: Im Etatjahr 1970 waren es sage und schreibe 140 Mark und im<br />

Jahr 1971 wieder nur 135 Mark. In einer niedersächsischen Großstadt beispielsweise wurden pro<br />

Schüler 6,50 Mark anno 1971 gewährt.<br />

Wie das Institut für Bildungswesen in Frankfurt a/M in seiner Informationsschrift über<br />

die Bildungsmedien mitteilte, sollen bei günstigen Voraussetzungen im Jahre 1975 jedem Schüler in<br />

der Bundesrepublik Lehrmittel für durchschnittlich 51 Mark zukommen. Dies bedeutet zwar eine<br />

Verdoppelung gegenüber dem Jahr 1970, wo durchschnittlich 27 Mark für einen Schüler ausgeben<br />

wurde; dennoch wird diese Verdoppelung nicht einmal ausreichen, den jetzigen Stand der<br />

Lehrmittelversorgung in Nordrhein-Westfalen für die ganze Bundesrepublik zu erzielen. Dort<br />

können schon jetzt 56,40 Mark pro Schüler disponieren. Trotz dieser niederschmetternden Zahlen<br />

über die Möglichkeit, Gelder für Lernmittelausgaben bereit zu stellen, glauben Firmen auf ihre<br />

Absätze, hoffen auf ihre Märkte – Gewinnmargen.<br />

Von den Unternehmen wenig propagiert und von der Öffentlichkeit kaum betrachtet,<br />

haben seit der letzten didacta 1970 in Basel nach schwedischem Vorbild Kooperations-Prozesse<br />

stattgefunden, die in den so genannten System-Gemeinschaften ihren Niederschlag finden. Der<br />

Klettverlag kooperiert mit der Bosch-Gruppe Leibold-Heraeus, während Westermann mit der<br />

Firma Philips zusammenarbeitet. Der Klettverlag sagt dazu, es gehe den drei Partnern nicht darum,<br />

Medien um jeden Preis zu produzieren, sondern vernünftige, realisierbare didaktische Unterrichts-<br />

Materialien in Kombination anzubieten. Auch Westermann und Philips sehen die Rechtfertigung<br />

der System-Gemeinschaft darin, dass Informatiker und Pädagogen nicht länger aneinander<br />

vorbeireden sollen.<br />

Obwohl es inzwischen zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen Pädagogik und<br />

Informatik gekommen ist, stellt sich der kritischen Didacta die Frage, mit welcher Berechtigung die<br />

Firmen im gegenwärtigen Entwicklungs-Stadium der Kooperation „von perfekten audiovisuellen<br />

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