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Verfügbar als pdf (8,7 Mb) - Reimar Oltmanns

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sagen, dass sie Waffen im Haus gefunden hätten. Sie zeigen mir die Gewehre, es sind sehr moderne<br />

Waffen. Ich bestreite, dass diese Waffen vorher in unserem Haus waren."<br />

Graciella Luisa wird an den Haaren in die Garage des Hauses gezerrt. Dort steht das Auto<br />

des Kommandos, ein weißer Wagen. Graciella muss sich auf den Hintersitz setzen. Auf dem Sitz<br />

liegt ein Koffer mit Silbersachen, die der Familie Morales gehören. Auch der Schwiegervater - José<br />

Morales - wird ins Auto gestoßen, bekleidet nur mit Unterwäsche. Er hat eine Kapuze über dem<br />

Kopf. Der Schwiegervater und Graciella müssen sich auf den Boden des Wagens legen. Das Auto<br />

fährt ab, rund 20 Minuten dauert die Fahrt durch Argentiniens Hauptstadt. Dann ist der Wagen am<br />

Zielort angekommen. Der Fahrer hupt, die beiden Verschleppten hören, wie sich ein Rollladen<br />

öffnet. Sie fahren in eine große Garage, eine frühere Autowerkstatt. Dann werden die zwei Opfer<br />

aus dem Wagen gezerrt und eine Treppe hinaufgestoßen. Die Beschreibung des Hauses, in dem die<br />

Morales Dinge erleben werden, die sie für ihr Leben prägen, deckt sich mit der Schilderung des<br />

Enrique Rodriguez Larretta über jenen Ort, in dem er und seine gekidnappten uruguayischen<br />

Mitbürger in Buenos Aires gefangen gehalten wurden. Offensichtlich ist die Garage in Buenos<br />

Aires ein viel genutztes Folterzentrum.<br />

Graciella Luisa wird im ersten Stock in einen Raum gezerrt. Die Männer reißen ihr die<br />

Kleider vom Leib, dann wird sie mit den Händen an eine Kette geknebelt und so weit<br />

hochgezogen, dass ihre Füße nicht mehr den Boden berühren. Auf den Boden wird grobes Salz<br />

geschüttet, wie bei den Uruguayern. Sie erinnert sich: "Die Männer setzten meinen Körper unter<br />

Strom, zuerst den Kopf, dann die Geschlechtsorgane und auch das Herz. Sie beschimpfen mich<br />

sagen, ich solle über die Verbindung meines Mannes zu den Linken reden. Nach einer Weile fange<br />

ich an Blut zu spucken und bekomme eine Scheidenblutung. Sie halten jetzt an, geben mir Watte.<br />

Ich darf mich anziehen und mich hinsetzen. Ich werde gefesselt. Nun beginnt wieder das Verhör.<br />

Jetzt sagen sie plötzlich, dass sie mich freilassen wollten, wenn ich rede. Ich solle mir auch keine<br />

Sorgen über die Kinder machen. Die hätten sie bei meiner Schwiegermutter zu Hause gelassen."<br />

Das Verhör wird unterbrochen, <strong>als</strong> unten ein neues Auto ankommt. Ein Haufen Männer<br />

stapft die Treppe hoch. Sie schreien durcheinander und gestikulieren wild. Graciella Luisa: "Sie<br />

bringen meinen Mann. Auch er muss sich ausziehen. Ich ahne, dass sie ihn nun foltern werden und<br />

bitte, mich wegzubringen, da ich nicht dabei sein möchte. Ich komme ich ein anderes Zimmer.<br />

Dort treffe ich meinen Schwager und meine Schwägerin. Bald höre ich die fürchterlichen Schreie,<br />

nur Schreie meines Mannes."<br />

José Roman Morales war etwas verspätet nach Hause gekommen. Nach der Arbeit -José<br />

Ramon arbeitet im Laden seiner Vaters, einem kleinen Unternehmen für den An- und Verkauf von<br />

Metallwaren - war er noch zu einer Werkstatt gegangen, wo er sein Motorrad zur Reparatur<br />

abgestellt hatte. Als José Ramon nach Hause kam, wurde er von fünf Männern umringt. Sie fragten<br />

ihn, wer er sei. Als er sich zu erkennen gab, zerrten sie ihn in die Küche und schlugen auf ihn ein.<br />

Wenn ihm sein Leben lieb sei, sagten sie zu ihm, solle er reden, über seine Verbindung zu den<br />

Gewerkschaften und über seine Verbindung zu Untergrundorganisationen. José Ramon durfte<br />

noch kurz seine Mutter sehen, sie saß in einem Zimmer des Hauses mit seinen beiden Kindern und<br />

weinte. Die Männer stießen ihn dann in einen Lieferwagen. Der Wagen war schon voller Sachen<br />

aus dem Haushalt der Morales: Kleidungsstücke, Fernsehgerät, Möbel. Einer der Schergen hatte<br />

sich alle Oberhemden von José Ramon übereinander gezogen. Mit Sirenengeheul ging die Fahrt zu<br />

der Garage.<br />

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