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"Kölnischen Klüngel" aus den fünfiger Jahren wiederbeleben, <strong>als</strong> sich Hochfinanz und Oberhirten<br />

die Türklinke des Palais Schaumburg in die Hand gaben. So achtet der Mainzer Politiker bei jedem<br />

Fernsehauftritt peinlich darauf, die "christlichen Grundwerte" zu beschwören. Und stets streicht<br />

der CDU-Chef die Rolle des Klerus heraus: "Die Kirchen vermitteln Wahrheiten,<br />

Wertauffassungen und Sinngebungen, die für ein Gemeinschaftsleben fundamental sind."<br />

Solche Ergebenheitsadressen lassen die Oberhirten hoffen, bei einem CDU/CSU-<br />

Wahlsieg würde die Abtreibung wieder unter Strafe gestellt und das Ehe- und Scheidungsrecht<br />

drastisch verschärft werden. Prälat Wöste glaubt sogar, mit einem Kanzler Kohl die Zeit<br />

zurückdrehen zu können: "In den beiden ersten Jahrzehnten hatten wir mehr Einfluss auf die<br />

Bonner Politik."<br />

Die Verbrüderung der Unionsparteien mit der katholischen Kirche zeigt bereits erste<br />

Früchte. Auf einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem nordrhein-westfälischen CDU-<br />

Oppositionsführers Heinrich Köppler (*1925+1980) in Düsseldorf appellierten katholische Priester<br />

der Diözesen Aachen und Paderborn an "die natürliche Verwandtschaft von Kirche und CDU"<br />

und beschworen die "gemeinsamen Wahlkämpfe in den fünfziger Jahren". CDU-Chef Kohl ließ<br />

sich auf einer Sitzung mit der Deutschen Bischofskonferenz sogar zu der Bemerkung hinreißen:<br />

"Die CDU-Aktivitäten an der Parteibasis" seien "praktisch mit den kirchlichen<br />

Kerngemeinschaften gleichzusetzen".<br />

Als nützlicher Wahlkampfverein für die Christdemokraten hat sich vor allem das<br />

Zentralkomitee der Deutschen Katholiken unter Vorsitz des rheinland-pfälzischen CDU-<br />

Kultusminister Bernhard Vogel (1967-1976) erwiesen. Der Aufruf des Komitees zur<br />

Bundestagswahl (in einer Auflage von elf Millionen verbreitet) stützt die anmaßende Alternative<br />

"Freiheit oder/statt Sozialismus" und die Behauptung der CDU, eine neue SPD/FDP-Regierung<br />

würde zu einem weiteren Verfall und Abbau moralischer Grundwerte führen.<br />

Gegen den Vorwurf, die katholische Kirche betreibe ausschließlich die Wahlpropaganda<br />

der CDU/CSU, haben sich die Parteichristen schon vor Wochen gewappnet. In der katholischen<br />

"Herder-Korrespondenz" erklärte Kohl: "Im Falle eines grundlegenden Wortkonflikts kann die<br />

Frage der Wählbarkeit und Nichtwählbarkeit einer Partei durchaus Gegenstand einer konkreten<br />

kirchlichen Erklärung sein, wenn die Glaubensgemeinschaft in dieser Frage einer Meinung ist."<br />

Trotz der kirchlichen Verleumdungskampagne wollen die Sozial-Liberalen vor der Wahl<br />

keinen Krach mit den Bischöfen anfangen, um die katholischen Wähler nicht in<br />

Gewissenskonflikte zu stürzen. Für die heiße Phase der Wahlschlacht gilt ein Wort von<br />

Bundeskanzler Helmut Schmidt (1974-1982): "Politiker, die das Wort Humanismus oder den<br />

Namen Jesu Christi in jeder ihrer politischen Reden im Munde führen, sind mir ein Greuel."<br />

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