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Gesetze ebenfalls als „ein merkwürdiges Ueberbleibsel der damahligen Zeiten“ und<br />

mit den allgemeinen Rechtsbräuchen der nördlichen Völker übereinstimmend<br />

bezeichnet 93 . Gemeint sind zwei Rechtsurkunden aus den Jahren 1016 und 1019, die<br />

unter den Söhnen Jaroslavs in den Straf- und Prozeßrechtskodex eingefügt wurden 94 .<br />

Nach dem Tode Jaroslavs 1056 kann Gadebusch keine gesicherte Chronologie mehr<br />

bieten und stellt nur grob die ihm bekannten Daten zusammen. 1068 erhoben sich die<br />

Bewohner Kievs gegen ihren Herrscher Izjaslav und ergriffen Partei für den Fürsten<br />

Vseslav von Polock. Izjaslav floh daraufhin nach Polen, konnte mit polnischer<br />

Unterstützung seine Machtstellung für drei weitere Jahre sichern, mußte aber 1073<br />

erneut die Flucht ergreifen. Diesmal versagten die Polen ihre Hilfe, so daß sich der<br />

Fürst an den Kaiser Heinrich IV., seine Nachkommen an dessen Gegenspieler Papst<br />

Gregor VII. wandten. Sowohl Kaiser als auch Papst gingen auf die Bitten ein, der<br />

Kaiser sandte den Erzbischof Burchard von Trier nach Kiev, Papst Gregor nahm die<br />

Kiever Ruś in unmittelbaren Schutz des päpstlichen Stuhles, beide Maßnahmen<br />

bleiben ohne Folgen für die Praxis. Gadebuschs Interesse für den Stadtstaat<br />

Novgorod resultiert daher, daß sich hier ein politisch relevanter Regionalismus<br />

herausbildete und Novgorod im Rahmen relativ stabiler Grenzen ungestört eine<br />

eigene Verfassungstradition entwickeln konnte. Das regionale Emanzipationsstreben<br />

hatte sich schon früh in einer spezifischen Geschichtsdeutung manifestiert, nach der<br />

behauptet wurde, die Residenz des Begründers der Rurikidendynastie habe sich in<br />

Novgorod befunden, was den Stadtstaat an den Anfang der Geschichte der Ruś stellte<br />

95 . Hauptquelle für die Schilderung dieser Zeit ist für Gadebusch die russische<br />

Chronik, deren ältester nachweisbarer Bearbeiter der Kiever Mönch Nestor ist. Die<br />

älteste überlieferte Handschrift aus dem Jahr 1377 - verfertigt von dem Mönch<br />

Lavrentij - geht auf die Fassung von 1113 zurück und erweist sich trotz des großen<br />

Abstands zwischen Textgestaltung und Abschrift als unentbehrliche Quelle zur<br />

ältesten russischen Geschichte. Gadebusch nutzt eine Ausgabe aus dem Jahr 1774,<br />

die bis in das Jahr 1203 reicht. Als weitere Quelle zieht er verschiedene Bände der<br />

92 Gadebusch, Jahrbücher I1, S. 5; G.F. Müller, Sammlung, Bd. 5, S. 396; vgl. P. Johansen, Novgorod<br />

und die Hanse. In: Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte. Gedächtnisschrift für Fritz<br />

Rörig, Lübeck 1953, S. 123, der dies als Legende bezeichnet.<br />

93 Vgl. Kurzgefaßte Nachricht von dem Ursprunge der Stadt Nowgorod und der Russen überhaupt. In:<br />

G.F. Müller, Sammlung Russischer Geschichte, Bd. 5, St. 5, S. 395.<br />

94 Vgl. H.-J. Torke, Einführung in die Geschichte Rußlands, München 1997, S. 34.<br />

95 Zu dem Phänomen des Novgoroder Regionalismus vgl. C. Goehrke, Zum Problem des Regionalismus<br />

in der russischen Geschichte. In: Forschungen zur osteuropäischen Geschichte, 25 (1978), S.<br />

82ff.

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