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Download - Baltische Historische Kommission

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Landesbeamten, die Grundsätze darzulegen, nach denen er sein Amt verwaltete. Mit<br />

seinen historischen Arbeiten schwimmt Gadebusch auf der allgemeinen<br />

Editionswelle, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Deutschland nach<br />

Livland schwappte.<br />

3.) Das Prinzip der Gemeinnützigkeit:<br />

Zu Gadebuschs ständestaatlichem Grundverständnis scheint das Ideal eines patriotischen<br />

Engagements, das alle Bevölkerungsgruppen einschließt, konträr zu sein. Dennoch<br />

erhebt er das Prinzip der Gemeinnützigkeit als Zweckbestimmung zu einer stehenden<br />

Redewendung. Darüber hinaus kann es auch als Regulativ für individuelles<br />

Wohlverhalten einzelner verwendet werden und ist Ausdruck eines Gefühls der Hingabe<br />

an den größeren Verband eines „Vaterlandes“, in dem sich die seelischen<br />

Kräfte des Pietismus entluden. Mit der Kennzeichnung als „Patriot“ verdeutlicht<br />

Gadebusch seinen Anspruch auf einen eigenen Anteil am Regierungswesen und<br />

besonders an der Aufgabe der Rechtsbewahrung. Die Kategorie des „Gemeinwohls“<br />

führt auch zu einem neuen Wissenschaftsbegriff, der auf Nutzanwendung drängt und<br />

zugleich seine Abhängigkeit von dem ihn umgebenden Leben ausdrückt, und<br />

verbindet Theorie und Praxis. Auch für die inhaltliche Verteidigung seiner Schriften<br />

führt Gadebusch den Nachweis, daß sie für zeitgenössische und folgende<br />

wissenschaftliche Arbeiten unentbehrlich seien.<br />

Da Gadebusch es ablehnt, auf Basis des historischen Materials eine geradlinige Entwicklung<br />

des sich auf das Reich der Vernunft hin vervollkommnenden Menschengeschlechts<br />

auszuarbeiten, sieht er keine Notwendigkeit, eine Geschichtsphilosophie zu<br />

entwickeln. Mit der Vorstellung, alle historischen Phasen seien nicht als Fortschrittsstufen,<br />

aber doch immerhin als einander ablösende Wachstumsstadien zu betrachten,<br />

verteidigt er einen organischen Geschichtsbegriff und gewinnt - durch den Verzicht<br />

auf eine allgemeine Geltungssetzung der absoluten Vernunft - Raum, Individuelles<br />

nach dessen eigenen Gesetzen beurteilen zu können, ohne den letzten Schritt des Erfassens<br />

fremder Individualitäten und vergangener Epochen zu gehen, womit die entscheidende<br />

Wendung zum historischen Denken des Historismus vollzogen wäre.<br />

Aufeinanderfolgende Perioden betrachtet Gadebusch in chronologischer Reihenfolge<br />

mit stetem Bezug zu früheren Ereignissen, so daß eine eigentümliche Mischung eines<br />

vergangenheitsorientierten Geschichtsbildes, in dem sich Ursprungsdenken und die<br />

Betonung von Kontinuität als tragende Elemente erweisen, und eines<br />

gegenwartsorientierten Vergangenheitsbildes entsteht, in dem das eigentliche

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