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Download - Baltische Historische Kommission

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mit dem Zaren über diesen Zins, mußten ihn aber schließlich akzeptieren und kehrten<br />

mit einem versiegelten Brief nach Livland zurück. Unterdessen war ein Gesandter<br />

des Zaren in Dorpat eingetroffen, der in Beratungen mit dem Bischof und<br />

Ratsdeputierten verlangte, daß sie die Siegel der Gesandten von dem Brief lösen und<br />

an deren Stelle ihre eigenen Siegel setzen und die Bedingungen des<br />

Friedensschlusses somit anerkennen sollten. Nach Nyenstedts Schilderung herrschte<br />

uneingeschränkte Einigkeit zwischen den livländischen Ständen, die<br />

gemeinschaftlich die Zinsforderung des Zaren ablehnten, den Brief dennoch<br />

unterzeichneten und sich hilfesuchend an den Römischen Kaiser als Livlands<br />

obersten Lehnsherren wenden wollten 22 . Als Bestätigung der Authentizität seines<br />

Berichts betont Nyenstedt, er habe bei der Aufbringung der von dem Zaren<br />

geforderten Summe in Dorpat selbst Hand angelegt. Seine Schilderungen des<br />

Livländischen Krieges verdeutlichen ein sehr ausgewogenes, beinahe positives Rußlandbild,<br />

Kritik erscheint nie allgemein, sondern stets auf einzelne Personen und Ereignisse<br />

gerichtet, sogar die Verschleppung der Dorpater Bevölkerung wird ohne<br />

Vorwürfe oder Kritik erwähnt. Bei den Schilderungen der Ereignisse um den russischen<br />

Gesandten in Dorpat läßt sich ein gewisses Befremden des Chronisten feststellen,<br />

mit dem dieser berichtet, der Gesandte sei nach Erhalt des Dokuments vor<br />

Freude auf den Tisch gesprungen, habe das Dokument in ein seidenes Tuch wickeln<br />

lassen und es als „Kalb“ bezeichnet, das bei guter Pflege groß und fett werden würde<br />

23 . Gadebusch übernimmt in diesem Zusammenhang umfangreiche Passagen aus den<br />

Schilderungen des Bürgermeisters Sahmen und zeichnet so ein anderes Bild als<br />

Nyenstedt: demnach hatte der Dorpater Bischof die Zinsforderung des Zaren ohne<br />

Rücksicht auf den Rat der Stadt akzeptiert und verlangte nun 1555 dasselbe von der<br />

Stadt. Der Stadtrat verwies darauf, daß ihm auf einer vorausgegangenen<br />

Ständeversammlung in Wenden zugestanden worden war, die Bedindungen nicht<br />

besiegeln zu müssen. Es folgten mehrere Verhandlungen zwischen Bischof und<br />

Stadt, die schließlich dazu führten, daß beide Parteien übereinstimmend den<br />

H. von zur Mühlen, Livland von der Christianisierung bis zum Ende seiner Selbständigkeit. In: G. v.<br />

Pistohlkors, <strong>Baltische</strong> Länder, S. 157.<br />

22 Vgl. F. Nyenstedt, Livländische Chronik [MLA, Bd. 2, S. 47].<br />

23 Vgl. F. Nyenstedt, ebd., S. 46; eine ähnlich nachdrückliche Beschreibung des Triumphes des russischen<br />

Gesandten bei B. Russow, demzufolge der Gesandte das Dokument als „kleines Kindelin,<br />

welches man wol hegen, unde mit wittem Brode, undt söter Melk wol plegen schal“ bezeichnet,<br />

Chronicon Livoniae, Bl. 37b, [SRL, Bd. 2, S. 49].

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