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Download - Baltische Historische Kommission

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waren Kronsbeamte, was im 18. Jahrhundert mehrfach zu Kompetenzstreitigkeiten<br />

mit dem Statthalter führte. Weiterhin oblagen dem Rat die Verwaltung des<br />

„Policeywesens“ und die Ökonomie. Neue Mitglieder wählte sich der Rat bis zur<br />

Einführung der Statthalterschaftsverfassung aus der Gruppe der Ältesten der Großen<br />

Gilde und mußte sie vom Generalgouverneur bestätigen lassen. Die Bürgerschaft war<br />

in den beiden Gilden organisiert: der Großen oder Mariengilde, in der sich die<br />

Kaufleute zusammengeschlossen hatten und der Kleinen oder Antonigilde, die die<br />

Handwerker umfaßte. Dritte Korporation war die unregelmäßig zusammentretende<br />

Gilde der unverheirateten Kaufgesellen - die Schwarzhäuptergilde 80 - über die nur<br />

sehr spärlich Belege vorhanden sind. Die estnische Bevölkerung war nicht<br />

vollständig in das Zunftsystem eingegliedert, wurde aber in einigen Handwerken<br />

aufgenommen, woraus immer wieder Proteste der Gilden erwuchsen. An der Spitze<br />

der Gilden stand der worthabende Ältermann, der Versammlungen leitete und die<br />

Gilde nach außen repräsentierte. Ihm folgten eine auf Lebenszeit gewählte<br />

Führungsgruppe von vier Ältermännern, ein bevorrechtigtes Seniorengremium, das<br />

die Disziplinargerechtigkeit über die Gildemitglieder hatte (Ältestenbank), und die<br />

Gruppe der einfachen Mitglieder.<br />

Die Statthalterschaftsverfassung brachte entscheidende Veränderungen für die Stadtverwaltung.<br />

Dorpat wurde als Kreisstadt der Rigaer Statthalterschaft zugeordnet, der<br />

Rat von der nach Vermögen, Stand und Beruf in sechs Kategorien geteilten Bürgerschaft<br />

per Zensuswahlrecht gewählt. An die Stelle des zweiten Bürgermeisters<br />

(Policeybürgermeister) trat ein Stadthaupt, das Zunftwesen blieb weitgehend in<br />

seiner alten Ausprägung bestehen. 1796 wurde die Statthalterschaftsordnung<br />

aufgehoben und die alte Ratsordnung wieder eingesetzt, die bis zur Einführung der<br />

russischen Städteordnung von 1878 ihre Gültigkeit behielt.<br />

Die Haupteinnahmequelle der Stadt stellten die Rekognitionsgelder dar, deren<br />

Aufteilung mit der Krone zu endlosen Streitereien führte. Einen großen<br />

Ausgabeposten in der städtischen Finanzverwaltung bildeten die Gelder, die die<br />

Stadt für Einquartierungen der landesherrlichen Regimenter aufzubringen hatte und<br />

die von den Quartierherren verwaltet wurden. 1732 war in Dorpat ein Quartierkasten<br />

80 Diese für Livland eigentümlichen kaufmännischen Kompanien in Riga, Reval, Pernau und Dorpat,<br />

deren Name wohl auf die Farbe der in mittelalterlichen Kämpfen getragenene Helme verweist, vereinigte<br />

auswärtige und einheimische Kaufleute, die mit der Heirat in die Große Gilde übertraten, vgl.<br />

N. Angermann, Die Stellung der livländischen Städte in der Hansischen Gemeinschaft. In: HGBl, 113<br />

(1995), S. 115.

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