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Download - Baltische Historische Kommission

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fiktiven Schülern darzustellen und zu vermitteln und zwischen dem<br />

historiographischen Erzählsubjekt und dem Rezipienten eine Art Solidarität zu<br />

schaffen, mit der die Distanz zum historischen Gegenstand überbrückt werden soll.<br />

Dabei zielt Gadebusch nicht darauf ab, kunstfertig geführte Dialoge wiederzugeben<br />

oder gelungene rhetorische Übungen zu präsentieren, sondern über dieses Medium<br />

die Leser in das „Gespräch“ miteinzubeziehen und so Anklänge an eine öffentlich<br />

geführte wissenschaftliche Diskussion zu schaffen. Neben einfachen<br />

Ergänzungsfragen mit einem einleitenden Fragewort, bei denen die agierende die<br />

explorative Funktion zurückdrängt, verwendet Gadebusch rhetorische Fragen, mit<br />

denen er den Gang der Darstellung in die von ihm gewünschte Richtung lenken<br />

kann, ohne Übergänge schaffen und Erklärungen für seine thematische Ausrichtung<br />

geben zu müssen. Während die katechetische Darstellungsweise in ihren lehrhaften<br />

Elementen mit den auf Selbständigkeit des Denkens gerichteten Prinzipien der<br />

Aufklärer kollidiert, bietet Gadebusch mit zahlreichen Verweisen auf die „einem<br />

Livländer nützliche“ weiterführende Literatur - sei es aus eigener oder fremder Feder<br />

- die Möglichkeit zu eigenständiger wissenschaftlicher Tätigkeit der Leser.<br />

Eingeschaltete Fragen finden sich gehäuft in der ‘Abhandlung’, weniger in der<br />

‘Bibliothek’. Da sie in den ‘Versuche[n]’ und in den ‘Jahrbücher[n]’ ebenfalls<br />

auftreten, kann man jedoch nicht behaupten, Gadebusch habe in seinen späteren<br />

Werken diese Methode der Darstellung überwunden.<br />

Charakteristisch für Gadebuschs historiographische Darstellung ist die Art und<br />

Weise, in der er sich mit ihm unwahrscheinlich erscheinenden Begründungen aus der<br />

Literatur auseinandersetzt. In dem folgenden exemplarisch herangezogenen Beispiel<br />

wendet er sich gegen J.G. Arndt und dessen Darstellung der Erfolge des Moskauer<br />

Großfürsten in Livland, die der Meister des Livländischen Ordens Berend van Borch<br />

1480 mit dem Überfall auf die Stadt Pleskau rächen wollte. Van Borchs weitere<br />

Pläne scheiterten, da die Bischöfe von Dorpat und Reval ihm ihre Unterstützung<br />

versagten. Der Bischof von Reval las Arndt zufolge „ erst eine so lange Messe, daß<br />

sich die Russen darüber verstärkten;“ 62 und der Dorpater Bischof zog sich aus<br />

Furcht vor einem Überfall der Russen in sein Bistum zurück. Gadebusch begründet<br />

das Zögern der beiden Bischöfe mit ihren Interessen, die von denjenigen des<br />

Ordensmeister abwichen: während der Meister in Riga aus relativ sicherer<br />

Entfernung von den Russen seine Rachefeldzüge planen konnte, war besonders der

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