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Willen der Zarin bekundete, eine moderate Lösung des Agrarproblems ohne<br />

vollkommene Aufhebung der Leibeigenschaft zu finden, und dem versammelten<br />

Landtag elf Propositionspunkte vortrug 50 , führte dazu, daß im Landtagsschluß<br />

positive Verordnungen erlassen wurden (die Leibeigenen erhielten Verfügungsrecht<br />

über die bewegliche Habe, die ihnen nach Zahlung der Abgaben übrig blieb, das<br />

Klagerecht wurde wieder eingeführt, der Verkauf von Bauern untersagt, eine<br />

Festlegung der Frondienste in Aussicht gestellt), die durch das sogenannte<br />

Brownsche Patent 51 vom 12. April 1765 ihre gesetzliche Bestätigung erhielten. Die<br />

Zarin nutzte die Reformbestrebungen aus, um auf diesem Gebiet die livländischen<br />

Privilegien zugunsten einer strafferen Zentralverwaltung zu kürzen und so<br />

verwundert es nicht, daß die Ritterschaften sich bemühten, diese Verordnungen<br />

aufzuheben. Der Deputierte der livländischen Ritterschaft in der<br />

Gesetzeskommission von 1767 Landrat Johann Adolf Baron von Ungern-Sternberg<br />

erhielt den Auftrag, sich dafür einzusetzen. Auf den folgenden Landtagen von 1769,<br />

1772 und 1774 wurde die Bauernfrage nicht mehr erwähnt 52 .<br />

Die Diskussion über das Bauernlandeigentum fand auch in einem Preisausschreiben<br />

der St. Petersburger Freien Ökonomischen Gesellschaft ihren Niederschlag. 1766<br />

wurde die Frage gestellt, ob es nützlich sei, dem Bauern nicht nur freie Verfügbarkeit<br />

über sein bewegliches Gut, sondern auch über das von ihm bewirtschaftete Land zu<br />

geben. Bislang konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, wer die<br />

Fragestellung veranlaßt hatte, J.G. Eisen versichert in einem Brief an Herder aus dem<br />

Jahr 1773 53 , seine agrarwirtschaftlichen Pläne hätten den Anstoß gegeben.<br />

Gadebusch tritt als moderater Kritiker der Leibeigenschaft auf und konzentriert auch<br />

bei diesem Thema seine Tätigkeiten auf das Sammeln und Publizieren historischen<br />

und zeitgenössischen Materials. Er beschränkt sich über die ‘Gedanken über den<br />

Bauerstand’ hinaus auf vereinzelte Kommentare und ist den Verführungen des<br />

Adelsstatus gegenüber nicht standhaft. Zwei Schlagwörter, an denen sich die Geister<br />

Esthland. Ein Beytrag zur Verbesserung der Leibeigenschaft. Nebst der genauesten Berechnung eines<br />

Liefländischen Haakens, Riga 1786, S. 123-133.<br />

50 Vgl. [H.J. von Jannau], Geschichte der Sklaverey, S. 90-98; die Punkte beinhalten die Forderung<br />

nach Einschränkung des gutsherrlichen Despotismus und kritisieren, daß den Bauern kein Eigentum<br />

gewährt, die Hauszucht zu exzessiv durchgeführt wurde und die Abgaben nicht bestimmt waren;<br />

genau diese Punkte spricht Gadebuschs in seinen ‘Gedanken über den Bauerstand’ an.<br />

51 Vgl. A.W. Hupel, Topographische Nachrichten, Bd. 2, S. 219-222.<br />

52 Vgl. A. Tobien, Die Agrargesetzgebung Livlands im 19. Jahrhundert, Bd. 1, Riga 1925, S. 103-<br />

105; die endgültige Bauernbefreiung erfolgte erst im 19. Jahrhundert: in Estland 1816, in Kurland<br />

1817 und in Livland 1819.

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