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190<br />

Ostseeprovinzen 1764 wandte sich Katharina II. verstärkt der sozialen Situation der<br />

livländischen Bauern zu und ermunterte Eisen, eine Schrift über den Einfluß der<br />

Leibeigenschaft zu verfassen. Eisen stellte die Schrift bereits im selben Jahr fertig<br />

und ließ sie anonym in der von G.F. Müller herausgegebenen ‘Sammlung Russischer<br />

Geschichte’ erscheinen. Müller setzte auf Befehl der Zarin eine positive<br />

Beschreibung der russischen Agrarverhältnisse ohne besondere Kennzeichnung<br />

hinzu 48 .<br />

Die livländischen Bauern hatten, wie in den meisten ständischen Verfassungen, keine<br />

Vertretung, ihr Status als „glebae adscripti“, d.h. abhängige Schollenpflichtige, war<br />

1561 bei der Unterwerfung des Ordensstaates unter Polen in dem „Privilegium Sigismundi<br />

Augusti“ (§ 22) erstmals fixiert worden. Daher begründeten die livländischen<br />

Gutsbesitzer das System der Leibeigenschaft in der mittelalterlichen Eroberung des<br />

Landes mit dem „dominium“ der Erbherren. Die Darstellungen des 18. Jahrhunderts<br />

variieren in der Terminologie zwischen „Leibeigener“, „Sklave“ und „Erbkerl“. Das<br />

System der Leibeigenschaft wurde im 18. Jahrhundert zu einem allgemein religiös,<br />

rechtlich und unter Einfluß der Ideen des Kameralismus wirtschaftlich diskutierten<br />

Problem, das durch die 1764 erfolgte Publikation des Schoultz-Ascheradenschen<br />

Bauernrechts neue Anstöße erhielt. Der Landrat Baron Karl Friedrich von Schoultz-<br />

Ascheraden hatte ein für seine Güter Ascheraden und Langholm geltendes Bauernrecht<br />

verfaßt und dieses ins Lettische übersetzen lassen. Nach seinen Regelungen behielt<br />

der Gutsherr das Besitzrecht am Land, die Bauern blieben hörig, erhielten aber<br />

Eigentumsrechte und volles Erbrecht an ihrem beweglichen Hab und Gut. Die zu leistenden<br />

bäuerlichen Abgaben und Dienste wurden exakt normiert und in sogenannte<br />

Wackenbücher eingetragen. Die ablehnende Haltung der Ritterschaft diesen Verordnungen<br />

gegenüber zeigte sich im folgenden Jahr auf dem Landtag, auch eine<br />

Verteidigungsschrift Ascheradens konnte die Ablehnung des Bauernrechtes nicht<br />

verhindern 49 . Erst die Intervention des Generalgouverneurs G. von Browne, der den<br />

47 PSZ XV, S. 571, Nr. 11153 u. XVII, S. 10 Nr. 12311.<br />

48 J.G. Eisen, Eines liefländischen Patrioten Beschreibung der Leibeigenschaft wie solche in Livland<br />

über die Bauern eingeführet ist. In: G.F. Müller, Sammlung Russischer Geschichte Bd. 9, St. Petersburg<br />

1764, S. 491-527; Eisen empfand diesen Zusatz als Manipulation seiner Schrift und ließ in der<br />

Vossischen Zeitung 1765, S. 391ff. eine Stellungnahme abdrucken, vgl. H. Neuschäffer, Zur Manipulation<br />

einer Schrift von J.G. Eisen. In: H. Göpfert (Hg.); Buch- und Verlagswesen im 18. und 19.<br />

Jahrhundert. Beiträge zu ihrer Geschichte und ihrer Wirkung im Grenzbereich zwischen West und Ost<br />

[Quellen und Studien zur <strong>Baltische</strong>n Geschichte, Bd. 9], Köln-Wien 1982, S. 76-84 u. Gadebusch,<br />

Bibliothek, Bd. 2, S. 287-289.<br />

49 K.F. von Schoultz-Ascheraden, Sentiment über die Verbesserung des Zustandes der livländischen<br />

Bauern. In: [H.J. von Jannau], Geschichte der Sklaverey, und Charakter der Bauern in Lief- und

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