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Download - Baltische Historische Kommission

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dieser Institutionen („unsern Bauern“, „unser Albrecht [Bischof Albert, C.K.]“,<br />

„unser Bischof Hermann III [der letzte Bischof von Dorpat, C.K.]“ 49 ) und den<br />

Chronisten der Landesgeschichtsschreibung („unsere einheimischen<br />

Geschichtschreiber“<br />

50 ), in deren Tradition Gadebusch sich stellt. Die<br />

Identitätsfunktion schließt eine kritische Auseinandersetzung mit den Institutionen<br />

und dem Verlauf der Geschichte nicht grundsätzlich aus; Identität ist keine<br />

vorausgesetzte, sondern eine von Erfahrungen über die Zeit hervorgebrachte, wodurch<br />

die Einheit des geschichtlichen Zusammenhanges betont wird. An die Stelle<br />

eines psychologischen Identitätsbegriffes, der - wie im Zusammenhang mit den biographischen<br />

Schriften gezeigt wurde - eine untergeordnete Rolle spielt, tritt der normierende<br />

Typ einer kollektiven Identität im Sinne J. Assmanns, der im Hinblick auf<br />

die Zugehörigen eine für alle verbindliche geschichtliche Kontinuität vorgibt und ein<br />

Bild schafft, das von dieser Gruppe aufgebaut werden soll. Geschichte erscheint<br />

dabei als geistige Form, in der eine Kultur Rechenschaft über ihre Vergangenheit<br />

ablegt, ihr Sinn offenbart sich darin, ob und inwieweit es ihr gelingt, die Identität<br />

ihrer Adressaten im zeitlichen Wandel zu stabilisieren. Die Geschichte eines<br />

„Volkes“ ist Gadebusch Synonym für dessen Identität, sie wird als die „eine“ Natur<br />

begriffen, als Innenleben eines Kulturraumes, der sich durch Gemeinsamkeiten wie<br />

Ahnen, Sprachen, Recht und Brauchtum definiert. Diese Gemeinsamkeiten, die wie<br />

Reliquien gepflegt werden sollen, geben der Region Livland ihre spezifische<br />

Identität. Der Historiker, der die Einheitlichkeit des Bewußtseinszusammenhanges<br />

beschreiben kann, verfügt somit über die Mittel, einen eigentümlichen und<br />

privilegierten Identitätssinn einzuführen.<br />

Der Weg, den Gadebusch zur Realisierung seines Geschichtsbildes wählt, beginnt<br />

mit biographischen Arbeiten und schreitet dann zur Landesgeschichte. Der nächste<br />

Schritt müßte die Geschichte der Kulturen und als Ziel die Geschichte der Zeitalter<br />

sein, um das Konzept von Geschichte als eines Werte und Sinn hervorbringenden<br />

Wirkungs- und Bildungszusammenhanges zu erfüllen. Indem Gadebusch jeden<br />

einzelnen Lebenslauf in den biographischen Schriften dem Prozeß der<br />

Vergeschichtlichung unterwirft und das Individuum zwei Ordnungen - der<br />

allgemeinhistorischen und einer moralischen - unterstellt, verbindet er Biographie<br />

und Landesgeschichte, deren Entwicklung auf ähnlichen Wegen wie bei den<br />

48 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher III2, § 21, S. 33; III3, § 15, S. 29<br />

49 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher IV2, § 341, S. 396; I1, § 19, S. 39; I2, § 149, S. 422.

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