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Download - Baltische Historische Kommission

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„Was ist wohl das Vaterland? Man kann nicht immer den Geburtsort allein darunter<br />

verstehen. Aber wenn mich die Geburt oder meine freie Entschließung mit einem<br />

Staate vereinigen, dessen heilsamen Gesetzen ich mich unterwerfe, Gesetzen, die mir<br />

nicht mehr von meiner Freiheit entziehen, als zum Besten des ganzen Staats nötig ist:<br />

alsdann nenne ich diesen Staat mein Vaterland.“ 7<br />

Gemeinschaft und Staat sind für Gadebusch nicht wie für die rationalistischen Staatsdenker<br />

voneinander getrennt, sondern eins. Die mittelalterliche Geschichte des<br />

Landes wird als genuin deutsche Periode idealisiert, indem Volkssitten, Brauchtum<br />

und kulturelle Traditionen beschrieben werden, ohne in romantische Idyllen<br />

abzugleiten; wichtigstes Ziel ist der Ausdruck der Liebe zur (zweiten) Heimat. Der<br />

Begriff des Vaterlandes wird von Gadebusch sowohl als Synonym für die Region<br />

Livland als auch als Bezeichnung einer Gemeinschaft verwendet, die sich durch<br />

Geschichte, Kultur, Sprache und ein funktionierendes Gesellschaftssystem mit relativ<br />

einheitlichen sozialen und politischen Normen auszeichnet. Gadebuschs Patriotismus<br />

ist ein Beispiel für die Konzentration patriotischen Denkens auf einen kleinen Raum<br />

und für die Bewahrung der gegebenen Werte. Der Stolz auf die Vergangenheit wird<br />

der bestimmende Zug des Patriotismus. In den ‘Jahrbücher[n]’ geht es darum, die<br />

vaterländische Geschichte und speziell die kulturelle Tradition auf breiter Basis zu<br />

erforschen und für die Gegenwart wirksam werden zu lassen. Aus diesem Konzept<br />

entwickelt sich ein historisch begründeter, literarisch akzentuierter Patriotismus, dem<br />

stets eine aktuelle politische Dimension innewohnt. Gadebuschs Patriotismus, der<br />

ihn zu einem tätigen Optimismus in den historischen Schriften und politischen<br />

Handlungen führt, zeichnet sich durch das Fehlen eines über Livland<br />

hinausgreifenden Staatsinteresses aus und ist eine von Altruismus, Einsicht und<br />

Wohlwollen bestimmte, auf das livländische Gemeinwohl zielende Tugend, die sich<br />

in den Rahmen der bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse<br />

einfügt. Da Öffentlichkeitsarbeit ein wichtiges Anliegen wird, legt Gadebusch<br />

Rechenschaft über die Grundsätze ab, nach denen er sein Amt verwaltet, und<br />

versucht, durch Informationen über politische Angelegenheiten das Verständnis<br />

seiner Landsleute für die ständischen Landesverordnungen und<br />

Verwaltungsmaßnahmen zu wecken. Vom Patrioten erwartet er ein „Mehr“ an<br />

gesellschaftlicher und politischer Aktivität und Vaterlandsliebe. Das Konzept des<br />

Patriotismus läßt sich als Leitgedanke in allen Arbeiten Gadebuschs finden, es spielt<br />

7 Th. Abbt, Vom Tode für das Vaterland, Berlin, Stettin 1770, S. 17.

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