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Download - Baltische Historische Kommission

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159<br />

bildete sich ihre Bedeutung als zweiter und dritter Stand nach dem Rat heraus. Das<br />

Zunfthandwerk der Stadt war in Produktion und Absatz stark differenziert, fest<br />

verteilt und blieb auf den lokalen Markt begrenzt. Die Geschichte der Ämter und<br />

Gilden führt Gadebusch in den ‘Jahrbücher[n]’ an, um das Traditionsbewußtsein der<br />

Handwerker im 18. Jahrhundert zu stärken und Leitbilder für eine neue<br />

Zunftordnung bereitzustellen. Dennoch werden die Gilden als politisch wankelmütige<br />

und sprunghafte Korporationen vorgestellt, die sich durch immer strengere<br />

Regeln als exklusive Gruppe Neuaufnahmen gegenüber verschlossen und bestrebt<br />

waren, sich der Konkurrenz mit Ausschlußbedingungen zu erwehren 250 . Esten konnten<br />

in Dorpat während der schwedischen Zeit das Bürgerrecht erlangen, dessen Erwerb<br />

für die Aufnahme der sogenannten „bürgerlichen Nahrung“ unerläßlich war,<br />

sofern sie die erforderlichen Bedingungen erfüllen konnten: hierzu gehörte der Nachweis<br />

eines Immobilienbesitzes in der Stadt und die Hinterlegung eines nicht geringen<br />

Bürgergeldes. Für die Aufnahme in eine Gilde war der Nachweis der Abstammung<br />

aus einer christlichen Familie erforderlich 251 . Im 18. Jahrhundert hatte sich der<br />

Unterschied der Nationalitäten immer deutlicher zum Standesunterschied entwickelt,<br />

in Riga verlangte der Rat 1750 offen die deutsche Nationalität als zum Erwerb des<br />

Bürgerrechts notwendige Voraussetzung<br />

252 , in Dorpat schien es ähnliche<br />

Bestimmungen zu geben, da Gadebusch darauf hinweist, es sei 1756<br />

„ungemein schwer, das großgildische Bürger- und Bruderrecht zu gewinnen, weil der<br />

Rath sich selbst die Hände gebunden hatte.“ 253<br />

Die Tätigkeiten des aus Kaufleuten und Rechtsgelehrten zusammengesetzten Rats,<br />

der in sich gesetzgebende, rechtsprechende und verwaltende Macht vereinigte,<br />

betrachtet Gadebusch von der Warte eines Ratszugehörigen, was ihn den Gilden<br />

gegenüber die Haltung eines kleinlichen Mäklers einnehmen läßt, der jede<br />

Unbesonnenheit der Kaufleute und Handwerker stark überzeichnet, um so deutliche<br />

Appelle zu moralisch einwandfreiem patriotischen Verhalten im Rahmen der<br />

250 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher I2, § 144, S. 402: im Jahr 1550 gegen einen Mann aus Dithmarschen,<br />

der aufgrund seiner Herkunft nicht als Deutscher anerkannt wurde; im Jahr 1589 vgl. II2, § 23, S. 56;<br />

1649 gegen einen Esten, der seine Aufnahme in die Große Gilde beantragt hatte, vgl. III1, § 173, S.<br />

313.<br />

251 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher III3, § 98, S. 281f., Anm. z); 1721 mußte für die Große Gilde ein<br />

Bürgergeld von 8 Reichstalern hinterlegt werden, vgl. Jahrbücher IV1, § 54, S. 113; zum Vergleich:<br />

der Justizbürgermeister der Stadt bekam einige Jahre später 50 Reichstaler, vgl. IV2, § 346, S. 606f.<br />

252 Vgl. O.-H. Elias, Zur Lage der undeutschen Bevölkerung im Riga des 18. Jahrhunderts. In: JBfGO<br />

N.F., 14 (1966), S. 482.<br />

253 Gadebusch, Jahrbücher IV2, § 318, S. 549.

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