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Trennung von Rechtfertigung und Heilslehre kritisiert, greift er einen zentralen<br />

Punkt der pietistischen Dogmatik an und gibt sich in dieser Frage als Anhänger des<br />

orthodoxen Luthertums zu erkennen. Kritisch steht Gadebusch dem Pietismus<br />

gegenüber, weil für ihn unmittelbares Empfinden nicht Grund des Glaubens sein<br />

kann, positiv bewertet er, daß der Pietismus ein praktisches Christentum verwirklichen<br />

will. Neben der Kritik weist jedoch vieles daraufhin, daß pietistisches Gedankengut<br />

als wesentliche Quelle alle Schriften Gadebuschs durchzieht und seine<br />

weltzugewandte tätige Frömmigkeit von ihm nachhaltig beeinflußt worden ist.<br />

Nachdrücklicher scheint der Einfluß der Herrnhuter gewesen zu sein, die in den Mittelpunkt<br />

ihres geistlichen Lebens den Erlösertod Christi und den Gedanken der Gotteskindschaft<br />

gestellt hatten, worauf der erste Teil des oben angeführten Zitats aus<br />

den ‘Jahrbücher[n]’ anspielt. Die Klage über den „unbiblischen Unterschied unter<br />

den Personen der heil. Dreyeinigkeit“ trifft ein Herzstück der Theologie Zinzendorfs:<br />

die unbedingte Christozentrik. Gadebusch war 1750 unmittelbar mit den Herrnhutern<br />

und ihrer Erziehungsanstalt in Hennersdorf bei Zittau in der Lausitz in Kontakt<br />

gekommen. Bereits im Amt des Ordnungsgerichtsnotars war er als Hauslehrer von<br />

dem Landhauptmann von Vietinghof von Dorpat aus nach Hennersdorf gesandt<br />

worden, um die drei Söhne der Familie aus der dortigen Lateinschule<br />

zurückzuholen 22 . Zinzendorf hatte 1735 in Herrnhut ein Pädagogium in Verbindung<br />

mit einer Lateinschule gegründet, das 1749 nach Hennersdorf verlegt worden war. In<br />

diesen Anstalten lebten die Kinder in einer „totalen Gemeinde“ 23 und wurden<br />

getrennt nach Alter und Geschlecht zu einem kontinuierlichen Umgang mit Christus<br />

erzogen. Gadebusch zeigt sich von dieser Begegnung mit den herrnhutischen<br />

Erziehungsanstalten aufgrund der ihm entgegengebrachten Ignoranz enttäuscht und<br />

verallgemeinert seine einmalige Erfahrung:<br />

„Ich kann wohl mit Wahrheit sagen, daß ich Ursache habe, mit der Begegnung in<br />

Hennersdorf und Herrenhut misvergnügt zu seyn. An anderen Orten würde man<br />

einen Juden, Türken und Ungläubigen nicht so begegnen. Ich konnte, nebst den<br />

Herren von Vietinghof, in dem Wirtshause nicht einmal für Geld etwas zu essen<br />

bekommen. Loder, Fischer und Zimmermann haben den Brüdern den größten<br />

Schaden gethan.“ 24<br />

22 Vgl. Gadebusch, Bibliothek, Bd. 2, S. 369, 382f. und Sendschreiben J. Loders v. 6. August 1750 in:<br />

J.Ph. Fresenius, Bewährte Nachrichten von Herrnhutischen Sachen, Bd. 4, Slg. 7, Frankfurt und<br />

Leipzig 1760, S. 372, der von einem angereisten „Notarium publicum“ spricht.<br />

23 Vgl. D. Meyer, Zinzendorf und Herrnhut. In: M. Brecht / K. Deppermann (Hg.), Der Pietismus im<br />

18. Jahrhundert [Geschichte des Pietismus, Bd. 2], Göttingen 1995, S. 75.<br />

24 Gadebusch, Jahrbücher IV2, § 59, S. 103f.

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