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durch die Güterreduktion in den Besitz eines Großteils der livländischen Güter gekommen<br />

war, nicht selbst den Bauern die Freiheit gebe 72 .<br />

Auch in der Betrachtung der Bauernfrage argumentiert Gadebusch genetisch-historisch,<br />

führt vage Vergleiche aus anderen Ländern an, ohne sie näher zu bestimmen<br />

(„die gesittetsten Völker“, „an den meisten Orten“, „in einem benachbarten Reiche“,<br />

„in einigen Ländern“ oder gänzlich unbestimmt: „man“, nur einmal erfolgt ein<br />

direkter Hinweis auf „Deutschland“) und entschuldigt seine Unbestimmtheit mit dem<br />

Hinweis, er habe die ganze Schrift ohne die Möglichkeit, Belegmaterial<br />

heranzuziehen, verfaßt. Aufbauend auf dem Gedanken, die Landwirtschaft sei die<br />

„Quelle“ des Wohlstandes eines Landes, fordert er für die Bauern uneingeschränkten<br />

Besitz an beweglichen Gütern 73 .<br />

In den ‘Jahrbücher[n]’ beklagt Gadebusch mehrfach das „harte Schicksal“ des Bauernstandes,<br />

„welcher Jahr aus Jahr ein im Schweiße seines Angesichts sein Brod erwirbet, und<br />

bald auf eine nähere bald auf eine entferntere Art die Glückseligkeit seiner<br />

vornehmeren und oft eben so müßigen als harten Brüder, befördern muß.“ 74<br />

In Kriegszeiten stehen die Bauern als Spielball zwischen den Parteien, müssen<br />

Streifzüge marodierender Soldaten ertragen oder werden von Adligen im Rahmen<br />

von Fehden entführt.<br />

Erwähnenswert ist die Anekdote der Kappadocier, die Gadebusch als Beleg aus der<br />

Geschichte heranzieht, um zu beweisen, daß es zur Sklaverei geborene Völker<br />

gebe 75 . Seine Vorlage Johann Georg Godelmann 76 setzt sie als einziger in die<br />

Regierungszeit der kurländischen Herzogin Anna, die übrige Literatur in die des<br />

polnischen König Stefan Báthory 77 . Nach einer populären Überlieferung wollte<br />

dieser 1582 in Riga die Prügelstrafe für Bauern abschaffen und statt dessen<br />

Geldbußen einführen, die Bauern baten den König um Beibehaltung des alten<br />

Strafmaßes. Gadebusch zweifelt sowohl das königliche Bemühen um<br />

72 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher III2, § 133, S. 254, Anm. z).<br />

73 Vgl. Gadebusch, Gedanken über den Bauerstand. In: Deputationsjournal, Bd. 3, 24. S.<br />

74 Gadebusch, Jahrbücher I1, § 208, S. 523.<br />

75 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher II1, § 142, S. 260ff.; dieser Gedanke findet sich auch bei dem von<br />

Gadebusch viel gelesenen Montesquieu, der den schwarzen Sklaven der Kolonien die Vernunft abspricht<br />

und die Sklaverei in diesen Ländern mit natürlichen Ursachen erklärt, vgl. De l’esprit de lois,<br />

B. XV, Kap. 5 u. 7, übs. u. hg. von E. Forsthoff, Tübingen 1992, S. 334f. u. 336f.<br />

76 Vgl. Johann Georg Godelmann, Tractatus de magis, veneficis et lamiis deque his recte cognoscendi<br />

et puniendis, Frankfurt 1601 (Nürnberg 1670), B. 2, Kap. 3, § 27.<br />

77 Vgl. L. Müller, Septentrionalische Historien, S. 31, an dessen Darstellung sich Gadebusch überwiegend<br />

orientiert u. C. Kelch, Lieffländische Historia, S. 377.

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