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Download - Baltische Historische Kommission

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150<br />

Theologische Auseinandersetzungen werden in den ‘Jahrbücher[n]’ im Zusammenhang<br />

mit der Reformation zugunsten einer politischen Betrachtungsweise überwiegend<br />

beiseite gelassen. Die Reformation ist nicht bloße „Kirchenverbesserung“,<br />

ebenso kein verfestigter Epochenbegriff, sondern stellt zugleich Aufgabe und<br />

wirkendes Ereignis dar. Gadebusch interpretiert sie als Beleg für die Möglichkeit<br />

und Notwendigkeit weiterer sozialer Verbesserungen, ohne sie - wie die radikalen<br />

Spätaufklärer - mit einer Revolution gleichzusetzen. In pietistischer Gesinnung legt<br />

er besonderen Nachdruck auf die praktische Wirksamkeit der neuen Lehre. So<br />

werden in der ‘Bibliothek’ ausführlich Daten über die verschiedenen Auflagen der<br />

neuen Gesangbücher angeführt, die aus den Bemühungen der livländischen<br />

Reformatoren entstanden sind 222 .<br />

Die Person Luthers, auf den sich die christlich-protestantischen Aufklärer bei ihrer<br />

Kritik an der offiziellen Kirchenlehre berufen, tritt in den ‘Jahrbücher[n]’ auffallend<br />

in den Hintergrund, nur dreimal wird ein direkter Kontakt zu Livland betont. An<br />

erster Stelle stehen hier die Sendschreiben an die Livländer von 1523 und 1525<br />

(gemeinsam mit J. Bugenhagen und M. Hofmann) 223 , es folgt ein weiteres Schreiben<br />

aus dem Jahr 1523, in dem Luther die Bürger Rigas wegen der Streitigkeiten um die<br />

Konfession der Prediger ermahnt und an dritter Stelle ein 1543 zusammen mit<br />

Melanchthon und Jonas verfaßter Brief an den Revaler Stadtrat, in dem diesem auf<br />

dessen Bitte ein Superintendent empfohlen wird. Die historische Person Luther bleibt<br />

undeutlich, er erscheint lediglich als der „Manne Gottes“ 224 , dessen Ziel es war, in<br />

allen Ländern die Lehre des Evangeliums auszubreiten. Aus dieser Formulierung läßt<br />

sich folgern, daß die Reformation sich in Gadebuschs Verständnis auf den<br />

mittelalterlichen Grundlagen ohne Luther hätte vollziehen können. Geprägt vom<br />

Pietismus, der sich von einer bedingungslosen Verehrung Luthers abgrenzt und<br />

aufgrund seiner asketischen Weltabkehr in zunehmendem Maße dessen Heftigkeit,<br />

Grobheiten und Lebensfreude kritisierte, verzichtet Gadebusch in seinen Arbeiten<br />

222 Vgl. Gadebusch, Bibliothek, Bd. 1, S. 409-418: estnische, lettische Gesangbücher der Städte<br />

Mitau, Reval und Riga.<br />

223 1.) Brief an die Christen in Riga, Reval und Dorpat: 22. November 1523: „Den Auzerwelten lieben<br />

Freunden gottis, allen Christen zu Righe, Revell und Tarbthe in Livland, meinen lieben herren und<br />

brudern ym Christo“ in: WA, Bd. 12, S. 147-150; 2.) aus dem Jahre 1525 das Sendschreiben „Eyne<br />

Christliche vermanung von eusserlichen Gottis dienste unde eyntracht, an die yn lieffland, durch D<br />

Martinum Luther und andere“ in: WA, Bd. 18, S. 417-430; vgl. Gadebusch, Jahrbücher I2, § 136, S.<br />

375.<br />

224 Gadebusch, Jahrbücher I2, § 116, S. 298.

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