02.11.2013 Aufrufe

Download - Baltische Historische Kommission

Download - Baltische Historische Kommission

Download - Baltische Historische Kommission

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

205<br />

Staatsidee ins Religiöse gewandelt fand. Livland ist bei Heinrich das Marienland, das<br />

unter dem besonderen Schutz der Jungfrau Maria steht, Riga wird im Sinne<br />

Augustins als „Civitas Dei“ bezeichnet 99 . Die verschiedenen sozialen Gruppen im<br />

Lande (Bischöfe, Prälaten, Schwertbrüder, die niedere Geistlichkeit, Kaufleute und<br />

Bürger der Stadt Riga) treffen sich zu Beratungen über Krieg und Frieden und bilden<br />

gleichsam ein großes „Parlament“ des Landes 100 . Auf der ökumenischen Synode des<br />

Vierten Lateranums war Livland auf Betreiben Bischof Alberts von Riga durch Papst<br />

Innozenz III. als das Land der Mutter Maria anerkannt worden 101 . Dieses Vorgehen<br />

bedeutete die Erhebung des Landes in ein besonderes Verhältnis zur römischen<br />

Kurie, aus dem die Päpste ihre Rechte auf außergewöhnliche Ansprüche und<br />

Eingriffe in die Landesangelegenheiten herleiten konnten. Schon 1201/02 hatte<br />

Bischof Albert Maria zur Schutzpatronin des Landes erklärt, um so den Pilgerstrom<br />

zu vergrößern 102 . In Heinrichs Chronik wird diese Tat des Bischofs zur Beförderung<br />

einer intensiven Marienverehrung als wichtigster Kultuszweig der neuen Kolonien<br />

neben den Geist der Kreuzzugsmission gestellt, der in Gadebuschs<br />

Geschichtsverständnis eine verschwindend geringe Rolle spielt. Das Phänomen der<br />

Marienverehrung soll in Opposition zu L. Arbusow nicht als „spezifisch<br />

livländische, in gewissem Sinne nationalpolitisch getönte“ Besonderheit 103 , sondern<br />

als weit verbreitetes Zeichen der Zeit angesehen werden. Seit Mitte des 12. Jahrhunderts<br />

war sie Allgemeingut bei deutschen Geistlichen, Rittern und Kreuzfahrern und<br />

deshalb verwundert es nicht, daß der Deutsche Ritterorden sie zur Schutzheiligen<br />

erkor 104 . Die Tatsache, daß die intensive Marienverehrung Livland zu einer Zeit erreichte,<br />

in der das Land sich in einer Periode des umfassenden Landesausbaus<br />

befand, bewirkte, daß viele der entstehenden Kirchen dem Namen Marias geweiht<br />

wurden. Im Gegensatz zu seinen Vorlagen Heinrich, Gruber und Arndt, die die<br />

religiösen Aspekte der Erhebung Livlands zum Marienland besonders hervorheben<br />

99 Vgl. Heinrich von Lettland, Chronicon Livoniae IX, 4, [FrhvSt, Bd. 24, S. 38].<br />

100 Vgl. P. Johansen, Die Chronik als Biographie, S. 22.<br />

101 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher I1, § 34, S. 110 nach J.D. Gruber, Origines Livoniae, S. 106f.<br />

102 Vgl. Heinrich, Chronicon Livoniae VI, 3, [FrhvSt, Bd. 24, S. 22]: die Brüder vom Konvent der<br />

seligen Jungfrau Maria „fratres de conventu beatae Virginis Marie“ wählten 1201 einen Propst; diesen<br />

regulierten Konvent und den bischöflichen Sitz übertrug Bischof Albert im dritten Jahr seiner Weihe<br />

(also 1201/02) von Üxküll nach Riga und weihte die 1215 durch Feuer vernichtete erste Domkirche<br />

und ganz Livland Maria zu Ehren.<br />

103 L. Arbusow, Das entlehnte Sprachgut Heinrichs „Chronicon Livoniae“. Ein Beitrag zur Sprache<br />

der mittelalterlichen Chronistik. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, 8 (1950/51),<br />

S. 123.<br />

104 Sancta Maria Theutonicorum; das Augustinerstift in Segeberg, aus dem Meinhard stammte, war<br />

ebenfalls der Jungfrau Maria geweiht.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!