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Download - Baltische Historische Kommission

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In den ‘Jahrbücher[n]’ wandelt sich die zuerst noch positiv konnotierte „gemeine<br />

Meinung“ zur „gemeinen Sage“, die den Geschichtsschreiber der Gefahr aussetzt,<br />

Vorurteile zu übernehmen, wie im Zusammenhang mit den Schilderungen des<br />

Livländischen Krieges bei der Eroberung Dorpats durch die Russen im Jahr 1558<br />

deutlich wird. Bis zu diesem Punkt hatte sich Gadebusch überwiegend auf die<br />

Angaben des Revaler Pastors Balthasar Russow berufen, bei der Schilderung der<br />

Belagerung Dorpats konstatiert er, daß Russow „dem gemeinen Gerüchte trauete,<br />

und den Wahn des Pöbels glaubete [...]“ 12 , indem er den Bewohnern der Stadt<br />

vorwirft, diese „ahne nodt“ 13 den Russen übergeben zu haben und weiterhin von<br />

Bereicherung spricht. Russows Chronik zeichnet sich einerseits durch eine von der<br />

Nähe des Autors zum Geschehen bedingte lebhafte Darstellung und andererseits<br />

durch die Verarbeitung von nicht näher benannten Flugschriften und Berichten von<br />

Gefangenen und Überläufern aus Rußland aus und entwickelte sich schon zu ihrer<br />

Zeit zu einer bedeutenden Quelle für Chronisten, die Nachrichten über Rußland<br />

suchten 14 . Gadebusch kehrt sich von Russows Schilderung ab und schenkt in diesem<br />

Zusammenhang dem „Augenzeugen“ F. Nyenstedt mehr Glauben, „denn er war<br />

selbst gegenwärtig“ 15 . Nyenstedt, der Mitte der 50er Jahre des 16. Jahrhunderts nach<br />

Dorpat gekommen war, dort das Geschäft eines Kaufmannes erlernte und 1585<br />

Bürgermeister in Riga wurde, benutzt in seiner Chronik nur wenige Quellen und<br />

verläßt sich auf eigene Erfahrungen, was an verschiedenen Stellen zu Fehlern in der<br />

Darstellung führt. Gadebusch hatte von dem Landrichter Bernhard Johann von<br />

Brömsen eine Abschrift der Chronik bekommen, die er für unvollständig und<br />

fehlerhaft hielt, was er den Abschreibern zur Last legt, so daß er das Textkorpus in<br />

seiner Gesamtheit dennoch positiv beurteilen kann:<br />

Relation de l’origine, du progres et de la décadence de l’ordre Teutonique, Utrecht 1705; vgl. im<br />

Gegensatz zu Gadebusch Recke / Napiersky, Bd.1, S. 189-191, von denen Blomberg als ein gebürtiger<br />

Kurländer bezeichnet wird, der 1698 als Gesandter der Herzogin Elisabeth Sophie von Kurland an<br />

verschiedenen europäischen Höfen den Tod des Herzogs Kasimir bekannt machte und sich später in<br />

England niederließ.<br />

12 Gadebusch, Jahrbücher I2, § 160, S. 535; die gesamte Passage über den „Wahn des Pöbels“ und die<br />

daran anschließende Darstellung des Gegenberichts des Dorpater Stiftsherren Kruse hat Gadebusch<br />

wörtlich übernommen aus J.G. Arndt, Der Liefländischen Chronik Andrer Theil, S. 236, Anm. h) und<br />

nur um die Formulierung der „gemeinen Meinung“ ergänzt.<br />

13 Vgl. B. Russow, Chronica, Bl. 43a [SRL, Bd. 2, S. 55]<br />

14 Vgl. A. Kappeler, Ivan Groznyj im Spiegel der ausländischen Druckschriften seiner Zeit, Frankfurt<br />

1972, S. 51f.<br />

15 Gadebusch, Jahrbücher I2, § 160, S. 535.

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