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Download - Baltische Historische Kommission

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Erkenntnisse argumentativ erläutert werden müssen. Gadebusch ist bemüht, sich<br />

gegen Historiker abgrenzen, die mit ausformulierten Prinzipien und Hypothesen an<br />

die Geschichte herantreten und so den Gang der Ereignisse im Sinne ihrer Vorgaben<br />

verfälschen. Das bedeutet vor allen Dingen eine Abwehr aufklärerischer<br />

Reflexionen, die Gadebusch in Vollendung in den „raisonnements“ Montesquieus<br />

und Voltaires verwirklicht sieht. An ihre Stelle sollen Kausalverknüpfungen treten,<br />

mit denen alle historischen Ereignisse zu erklären sind. Der Terminus der<br />

historischen Methode deutet bei Gadebuschs nicht auf eine ausgearbeitete Historik<br />

hin und ist ebenso wenig als Synonym aller Regulative zu verstehen, die die<br />

Forschung als Produktion historischen Wissens bestimmen; er summiert vielmehr<br />

verschiedene Regeln, die die Erkenntnisprozedur und den aus Forschung und<br />

Erzählung zusammengesetzten Prozeß des historischen Denkens charakterisieren.<br />

7.2.1.) Von der „gemeinen Meinung“ zur „Augenzeugenschaft“<br />

In frühen Arbeiten nehmen sowohl für den Juristen als auch für den Historiker Gadebusch<br />

Argumentationen von Fachleuten einen hohen Stellenwert ein,<br />

„wahrscheinlich“ ist das, was von den meisten Autoritäten für wahr gehalten wird,<br />

der Hinweis auf bestimmte herrschende Meinungen erscheint besonders in der<br />

‘Abhandlung’ als ein quasi-wissenschaftliches Argument und wird sowohl für die<br />

Geschichtsschreibung als auch für die Rechtsfindung als zulässig akzeptiert. In<br />

späteren Werken fällt eine skeptische Haltung gegenüber der „gemeinen Meinung“<br />

und ein Auseinandertreten von Faktennachweis und dem Anführen von Autoritäten<br />

auf, die an den deutschen Universitäten aus der Verbindung von Historie,<br />

Jurisprudenz und Philosophie zu dem sogenannten Pyrrhonismus historicus geführt<br />

hatte 10 . Folgte Gadebusch in der ‘Abhandlung’ in dem Paragraphen über den<br />

Freiherren Karl Johann von Blomberg, der 1701 in London ein Werk über Livland<br />

und den Deutschen Orden herausgegeben hatte, noch der „gemeinen Meinung“, nach<br />

der Blomberg ein aus Kurland gebürtiger Gesandter war, so liefert er in der<br />

‘Bibliothek’ nach genauerer Lektüre des Werkes Blombergs den Nachweis, daß<br />

dieser Engländer gewesen sei und konstruiert seine Biographie 11 .<br />

10 Vgl. H.-J. Herrmann, Andreas Westphal und Methode des Geschichtsstudiums in der ersten Hälfte<br />

des 18. Jahrhunderts. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Ernst-Moritz-Arndt- Universität. Gesellschaftswissenschaftliche<br />

Reihe, 34 (1985), S. 32.<br />

11 Vgl. Gadebusch, Abhandlung, § 81, S. 212; Bibliothek, Bd. 1, S. 74f; Karl Johann von Blomberg,<br />

An account of Livonia with a Relation of the Rise, Progress and Decay of the Marian Teutonic Order,<br />

London 1701; Gadebusch besaß die französische Ausgabe: Description de la Livonie avec une

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