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Download - Baltische Historische Kommission

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geklagt und „Querel“ an den Generalgouverneur geschickt. Diese „Querel“ scheint<br />

dort nie beachtet worden zu sein, so daß der Prozeß sich vier Jahre lang verzögerte,<br />

bis der Goldschmied schließlich ein Attestat des Generalgouvernements über seine<br />

ordnungsgemäße Vorlage der „Querel“ beibrachte. Das Generalgouvernement<br />

bestätigte auf Drängen des Dorpater Rates dessen Urteil - im Endeffekt hatte der<br />

Goldschmied jedoch vier Jahre lang unberechtigterweise ein Grundstück nutzen<br />

können, was Gadebusch als Beweis für die Notwendigkeit einer Straffung des<br />

Justizwesens sieht 95 .<br />

Bereits die Schweden hatten in den 30er Jahren des 17. Jahrhunderts mehrfach versucht,<br />

die Zahl der Prozesse in Livland zu verringern, die Instruktionen, die Gadebusch<br />

als Deputierter der Stadt für die Gesetzeskommission 1767 bekam, enthielten<br />

den Wunsch der Bürgerschaft nach Verringerung der Instanzen und Straffung der<br />

Prozesse, um unnötige Kosten der Beklagten zu vermeiden 96 , im 18. Jahrhundert<br />

wurde gar von der „Prozeßsucht“ der Livländer gesprochen 97 . Gadebusch, der 1769<br />

als Deputierter der Stadt zum Landtag nach Riga entsandt worden war, bemühte sich,<br />

diesen Vorwurf zu entkräften, kam aber zu dem Schluß, daß ein „Hang zu<br />

Processen“, der sich in zahlreichen Appellationen niederschlug, den Livländern nicht<br />

abzusprechen sei.<br />

6.4.4.) Gemeines Recht (Römisches Recht)<br />

Obwohl dem durch die Glossatoren verarbeiteten Recht, wie es seit Kaiser Justinian<br />

überliefert war, in Livland nur der unterste Rang in der Hierarchie der Rechte zuerkannt<br />

wurde, hatte es die Rechtspraxis des Landes durchdrungen und galt vom 11.<br />

bis zum 19. Jahrhundert als „ius commune“. H. Conrings 1643 erschienene Schrift<br />

‘De origine iuris Germanici’ 98 ermöglichte eine Rezeption des Römischen Rechts<br />

aus historischer Perspektive. Seine Rezeption im weltlichen Bereich in der<br />

modifizierten Form des sogenannten „usus modernus“, nach dem die positivistisch<br />

eingestellten Juristen die Rechtsbücher Justinians als vermeintliche oder wirkliche<br />

Quelle des geltenden Rechts behandelten, schlug sich in der Professionalisierung und<br />

Rationalisierung des Rechts durch methodengeleitetes Argumentieren anhand<br />

logischer Prinzipien - grammatischer, rhetorischer und dialektischer Regeln - nieder.<br />

95 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher III2, § 260, S. 566; IV2, § 339, S. 592.<br />

96 Vgl. Instructionen für den Herren Deputirten der Stadt Dorpat, was derselbe bey der, in der Hauptstadt<br />

Moscau niedergesetzten Höchstverordneten Gesez-Commission wahrzunehmen hat, S. 15 v .<br />

97 Vgl. Rigisches Deputationsjournal 1769, S. 11 r .

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