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Download - Baltische Historische Kommission

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407<br />

Angst, „intestatus“, d.h. ohne ein gültiges Testament zu versterben und seine Frau im<br />

Fall seines Todes nicht hinreichend finanziell abgesichert zu wissen, setzte er erbrechtliche<br />

Bestimmungen auf, nach denen sie Zeit ihres Lebens ungehindert über den<br />

gesamten gemeinsamen Besitz, über den im Testament selbst nur summarisch gehandelt<br />

wird 24 , verfügen können sollte. Gadebuschs testamentarischen Bestimmungen<br />

folgen diejenigen seiner Frau Maria Elisabeth, in denen sie festlegt, daß der gemeinsame<br />

Besitz zwischen ihrem zweiten Mann F.K. Gadebusch und ihrer in der Nähe<br />

von Berlin verheirateten Tochter aus erster Ehe Anna Margareta Maréchaux<br />

aufgeteilt werden solle. Mit ihrer Eheschließung waren die Gadebuschs eine Lebensund<br />

Erwerbsgemeinschaft eingegangen, die eine wechselseitige Verantwortung für<br />

das Wohlergehen des Partners einschloß und nicht mit dem Tod eines Partners<br />

endete, da sich der Überlebende zumindest um Begräbnis und Gedenkfeiern zu<br />

kümmern hatte. Erbrechtliche Angelegenheiten und die Modalitäten des Testierens<br />

waren in Dorpat durch das Rigische Recht, das Livländische Ritterrecht, ergänzende<br />

Privilegien, Gerichtsurteile sowie Willküren und Ordnungen des Rates geregelt.<br />

Gadebusch umgeht in seinem Testament die althergebrachte rechtliche Gebundenheit<br />

(„Der nächste nach dem Blute ist der nächste am Gute.“ 25 ) und macht von der<br />

neuzeitlichen Verfügungsfreiheit des Erblasser Gebrauch, indem er sowohl das<br />

wohlerworbene, d.h. das im Laufe des Lebens selbst erworbene Gut („In Ansehung<br />

unsers durch die Gnade Gottes erworbenen Vermögens [...]“) als auch das ererbte<br />

Gut zu gleichen Teilen seiner Frau und der Tochter seines Bruders vermachte und<br />

diesen entgegen der natürlichen Erbfolge erst nachrangig berücksichtigte 26 .<br />

Gadebusch hatte sich 1783 mit den erbrechtlichen Bestimmungen Livlands<br />

beschäftigt, denen zufolge eine Witwe, die mit ihrem verstorbenen Ehemann Kinder<br />

hatte, an den „beweglichen Gütern“ zu Lebzeiten zu gleichen Teilen erbt wie ein<br />

Sohn 27 . Eine kinderlose Witwe behielt zu Lebzeiten das fahrende Habe und das<br />

Hausgerät, was nicht durch anders lautende testamentarische Bestimmungen<br />

übergangen werden konnte. Nachteile entstanden im Fall der Kinderlosigkeit aus den<br />

Regelungen des sogenannten Witwenjahres, nach denen die Witwe lediglich<br />

23 Siehe Anhang, Nr. 14.<br />

24 Genauere Auskunft über den Besitzstand und das Vermögen des Ehepaares Gadebuschs gibt die<br />

nach dem Tod der Frau 1782 angelegte Inventarliste.<br />

25 Gadebusch, Von dem gesetzmäßigen Erbgange, S. 41.<br />

26 Vgl. zu allgemeinen Testierbestimmungen, der historischen Entwicklung und einem Forschungsüberblick<br />

P. Baur, Testament und Bürgerschaft. Alltagsleben und Sachkultur im spätmittelalterlichen<br />

Konstanz [Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen, XXXI], Sigmaringen 1989, S. 9-35.<br />

27 Vgl. Gadebusch, Von dem gesetzmäßigen Erbgange, S. 11.

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