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größte Bedrohung für die ständische Selbständigkeit in Livland lag in der Schaffung<br />

einer sogenannten Prokuratur, die sämtliche Rechtsprechungs- und Verwaltungsakte<br />

des Landes prüfen sollte 62 . Das System der Statthalterschaftsverfassung war dem<br />

deutscher Provinzialverfassungen entlehnt, hier ist etwa an das Allgemeine<br />

Preußische Landrecht zu denken, wobei den verschiedenartigen Ausprägungen und<br />

Funktionen der Landstände Rechnung getragen werden mußte, die sich in Preußen<br />

aus einem geburtsständischen System, in Rußland dagegen aus einem Dienstadel<br />

begründeten. Aufnahme und Bewertung der neuen Verwaltungseinrichtungen waren<br />

in den Provinzen nicht einhellig, da die Zeitgenossen nicht in der Lage waren, das<br />

Ausmaß und die Konsequenzen der sukzessive eingeführten Neuordnungen<br />

vollständig zu überblicken, wie z.B. in verschiedenen Briefen an Gadebusch deutlich<br />

wird 63 . Aus diesen läßt sich ersehen, daß bereits 1779 in den Provinzialbehörden<br />

Beratungen über eine Einführung der Statthalterschaftsverfassung geführt wurden.<br />

Der Informationsfluß war aber so mangelhaft, daß Gadebuschs Briefpartner aus Riga<br />

1779 berichteten, die Pläne seien im September des Jahres erst einmal ausgesetzt<br />

worden 64 . Die Zarin ließ durch den livländischen Generalgouverneur G. Browne<br />

ihre Pläne einigen Vertretern der Ritterschaft bekanntgeben und forderte von ihnen<br />

Stellungnahmen 65 . Verschiedene Landtage berieten im folgenden über die neue<br />

Verordnung, und den Ritterschaften der Provinzen, die in mehreren Deputationen mit<br />

der Zarin selbst um eine Aussetzung ihrer Pläne verhandelten, wurde nahegelegt, bei<br />

der Zarin um die Einführung derselben zu bitten 66 . Nach Bekanntgabe dieser<br />

Aufforderung, die der Generalgouverneur G. Browne unterbreitet hatte, verfertigte<br />

die livländische Ritterschaft eine Antwort an die Zarin, in der sie in allgemeinen<br />

62 Vgl. J.C. Petri, Neuestes Gemählde von Lief- und Esthland, unter Katharina II. und Alexander I. in<br />

historischer, statistischer, politischer und merkantilistischer Ansicht, Leipzig 1809, Bd. 2, S. 85, der<br />

die Prokuratoren „als Brillen auf die Nasen der Präsidenten und Gerichtsbeisitzer“ charakterisiert.<br />

63 So befürchtet J.C. Schwartz in einem Brief vom 16. Juli 1779 „Neuerungen“, vgl. Briefsammlung<br />

Gadebusch, IV, Nr. 78; im Brief vom 3.1. 1780: „Mein Kummer geht freylich auf die vorseyende<br />

Einführung der Statthalterschaft.“, IV Nr. 119; im Brief vom 5. Juli 1782 über die ablehnende Haltung<br />

der Ritterschaften, V, Nr. 133 (teilweise abgedruckt bei F. Bienemann, Die Statthalterschaftszeit,<br />

S. 92); und resiginiert im Brief vom 23. Juli 1782: „Wir wollen uns der gütigen Vorsicht Gottes<br />

überlassen. Er wird alles wohl machen.“ V, Nr. 140.<br />

64 Vgl. Brief vom 28.9. 1779 aus dem Rigaer Handelshaus Möller, Weitzenbreyer und Co., deren<br />

Mitarbeiter Gadebusch in den Jahren 1771 bis 1783 mit vielerlei Nachrichten über das politische<br />

Geschehen versorgten: „Das Projekt von der Statthalterschaft in Lief- und Esthland soll fürs erste<br />

ausgesetzt werden.“, Briefsammlung Gadebusch, IV, Nr. 100.<br />

65 Vgl. F. Bienemann, Die Statthalterschaftszeit, S. 53ff.<br />

66 Vgl. F. Bienemann, Die Statthalterschaftszeit, S. 53f., 68f., 74f., 82; Brief an Gadebusch von C.H.<br />

Rosenkampff vom 12.11. 1779, Briefsammlung Gadebusch, IV, Nr. 111, in dem dieser über seine<br />

Audienz bei der Zarin berichtet: „Die mehrsten glauben, daß die Kaiserin willig sein wird die Lehen

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