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der Person Gadebuschs, der als Jurist und Politiker realistisch über Möglichkeiten<br />

nachdachte, die Menschen zu verbessern, als auch in den in lehrhaft-politischer<br />

Absicht verfaßten Schriften, mit denen alles ausgeräumt werden soll, was dem Urteil<br />

der Vernunft nicht standhalten kann. Gadebuschs Schaffen ist geprägt von<br />

rationalistischem Gedankengut, einem ungebrochenen Wissensoptimismus,<br />

Fortschrittsglauben und dem Streben nach Verwirklichung menschlicher<br />

Glückseligkeit. Gadebusch verwendet den Begriff „aufklären“ in seinen historischen<br />

Schriften, in denen er mit dem Terminus „erhellen“ synonym erscheint und stets den<br />

Bereich der Lichtmetaphorik konnotiert, die in säkularisierter Auffassung das Licht<br />

der Vernunft bezeichnet, d.h. als Symbol der vom Menschen selbst erlangten<br />

Erkenntnis, und nur im Zusammenhang mit der Reformation das Licht des Glaubens<br />

umfaßt 8 . Gadebusch hat Descartes, Leibniz, Rousseau und Wolff rezipiert, nimmt<br />

als unspekulativer Mensch an der eigentlichen philosophischen Auseinandersetzung<br />

seiner Zeit keinen Anteil und gibt keine präzis formulierte kritische Stellungnahme<br />

ab. Die Begriffe der Königsberger Aufklärung sind ihm bekannt, er spricht in<br />

verschiedenen Zusammenhängen von einer „gesunden und gereinigten Vernunft“<br />

und betont die Notwendigkeit eines schlichten Menschenverstandes 9 .<br />

In Gadebuschs Gedankengebäude mischen sich drei religiöse Strömungen mit seiner<br />

pietistischen Prägung: die ästhetisch-kosmologische Physikotheologie, mit der er<br />

während seiner Gymnasialzeit in Hamburg in Berührung gekommen war,<br />

neologische Strömungen, deren Verfechter im Glauben an die übernatürliche<br />

Offenbarung sich verpflichtet fühlten, den Nutzen der christlichen Dogmen vor der<br />

Vernunft und dem moralischen Bewußtsein zu prüfen (als Beispiel: J.G. Eisen) und<br />

als dritte rationalistische Strömungen, die auf eine Unterscheidung zwischen<br />

natürlicher und geoffenbarter Religion verzichteten. Über die zeitbedingte Trennung<br />

der Begriffe Theologie und Religion hinaus, mit der betont wird, daß der Mensch<br />

durch die Anwendung seiner Vernunft direkte Beziehung zu Gott habe, ohne einer<br />

Zwischeninstanz zu bedürfen, instrumentalisiert Gadebusch die Vorstellung von Gott<br />

moralisch und trägt besonders der sozialen Macht der Religion Rechnung. Ethische<br />

Positionen erhalten vor der Forderung nach Biblizität Priorität und die Kirche tritt in<br />

den Hintergrund und nimmt die Funktion eines sozialen Korrektivs an. Wie die<br />

7 H. Neuschäffer, Die Zeit der Aufklärung, S. 198.<br />

8 Das „Lichte der Vernunft“, vgl. Bibliothek, Bd. 1, S. 196; „aufgeklärter Verstand“, vgl. Jahrbücher<br />

I1, § 164, S. 452.<br />

9 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher III2, § 182, S. 375; III2, § 20, S. 32f.

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