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Download - Baltische Historische Kommission

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180<br />

nungen mit ihrem Wissen und Willen verfaßt würden. Dieser Ausspruch einer gesunden<br />

und gereinigten Vernunft wird mehr als zu oft verkannt.“ 17<br />

Bei der Betrachtung des livländischen Ständeprinzips geht Gadebusch von der privilegierten,<br />

an die Seite des Herrschers tretende Gruppe der livländischen Ritterschaften<br />

18 aus, die sich bis zum 18. Jahrhundert eine starke Autorität hatten schaffen<br />

können, da keine direkt im Lande ansässige absolutistische Herrschaft existierte und<br />

ihr Selbstbewußtsein und Interesse an der Regelung eigener Belange sichtbar<br />

organisatorische Gestalt angenommen hatte. Fragen der Fraktionierung der Stände<br />

und der Individualitätsgedanke werden in den ‘Jahrbücher[n]’ notiert, aber nicht<br />

weiter abgehandelt. Gadebusch geht bei der Konstruktion des Ideals ständischer<br />

Politik von einer Geschlossenheit aus, die nach 1561 nicht mehr gegeben war. Die<br />

alte Staatenkonföderation, die durch ständische Verschränkungen über die Grenzen<br />

der einzelnen Herrschaftsgebiete hinaus entstanden war, löste sich mit dem Ende der<br />

livländischen Selbständigkeit auf. Während die Ritterschaften Harriens und<br />

Wierlands und die Stadt Reval ihre Unterwerfung unter die schwedische Herrschaft<br />

selbst aushandelten und es auf diesem Weg zu einer „unvollkommenen<br />

Inkorporation“ 19 kam, mußten die livländischen Stände der Inkorporation in das<br />

polnisch-litauische Reich zustimmen.<br />

Die zweite grundlegende Annahme von Gadebuschs ständischem Geschichtsbild lautet:<br />

Alle von den Ständen erworbenen Rechte sind prinzipiell unantastbar (daher sind<br />

die Konfirmationen der ständischen Privilegien bei Thronwechseln in den<br />

‘Jahrbücher[n]’ von besonderer Bedeutung) 20 , die Konfirmierung ständischer Privilegien<br />

ist eine Bestätigung der göttlichen Gesellschaftsordnung. Besonders die<br />

Ritterschaften inszenierten sich als Bewahrer des Status quo und der Landesgesetze,<br />

lehnten staatliche Reformansätze des russischen Absolutismus im 18. Jahrhundert ab<br />

und verweigerten sich ebenso Emanzipationsbestrebungen der in den Gilden<br />

zusammengeschlossenen Kaufleute und Handwerker aus dem eigenen Land. Als<br />

Garant des livländischen Rechts vertraten sie das Gesetz des legitimen<br />

17 Gadebusch, Jahrbücher III2, § 182, S. 375; übernommen sind die Daten aus C.G. von Ziegenhorn,<br />

StaatsRecht, S. 66.<br />

18 Der Begriff „Ritterschaft“ wird überwiegend im Singular gebraucht und faßt die eigentliche<br />

livländische, die estländische und die oeselsche Ritterschaft häufig zusammen.<br />

19 Vgl. G. von Rauch, <strong>Baltische</strong> Geschichte, S. 89; in der Forschung wird das Verhältnis des<br />

„Fürstentum Ehsten“ zu Schweden als Personalunion verstanden, vgl. H. von zur Mühlen, Autonomie<br />

und Selbstbehauptung, S. 41.<br />

20 Bei den Privilegien betont Gadebusch besonders die Unverletzlichkeit und Dauer des gewährten<br />

Rechtes.

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