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Download - Baltische Historische Kommission

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bezeichnet wird, vergleicht unterschiedliche Bewertungen in der Literatur,<br />

kommentiert die angeführten Zahlen der Opfer und schwenkt dann unvermittelt zu<br />

einem Grenzbrief über, den der Ordensmeister ausstellen ließ, von diesem ebenso<br />

unvermittelt auf eine Gesandtschaft Rigas zum Hansetag und von ihr zu der<br />

kaiserlich verfügten Befreiung Livlands von den Abgaben des Römischen Reiches 50 .<br />

Um den Schilderungen historischer Fakten Plastizität zu verleihen, versieht Gadebusch<br />

seine Erzählung mit sprachlichem Schmuck wie bei dem Russeneinfall in<br />

Livland 1573 und der Belagerung des Schlosses Weißenstein. Antithetisch werden<br />

hier die Brutalitäten des Kriegstreibens der Russen und die gestörte „Idylle“ der<br />

Livländer vorgeführt:<br />

„Indem die Hauptarmee vor erwähntem Schlosse stand, schickte sie streifende Parteyen<br />

in Harrien und Järwen aus, welche tödteten, plünderten, und gefangen nahmen,<br />

was sie funden. Es war eben die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr, worinn<br />

gute Freunde einander besuchten, die Damen die besten Kleider und den köstlichsten<br />

Schmuck mit sich hatten, und sicher, fröhlich und guter Dinge waren. Ohne die Erschlagenen<br />

wurde eine große Menge junger und alter Leute von Russen und Tatarn<br />

in die Gefangenschaft hinweggeführt.“ 51<br />

Ebenso bei der Schilderung der Kalenderunruhen in Riga 1584, wo zu dem sprachlichen<br />

Schmuck noch die rhetorische Figura etymologica hinzugenommen wird:<br />

„Als die Weihnachten nach dem neuen Kalender eingeläutet, und am 15ten<br />

Christmonates gefeyert worden, hat die Geistlichkeit und der Rath, nebst ihren<br />

Dienern, Schwägern und Freunden, welche man Fuchsfresser hieß, das Fest feyerlich<br />

begangen; die anderen Bürger haben sich nicht daran gekehret. Die Kaufleute gingen<br />

mit ihren Alltagskleidern auf den Markt und an die Düna, um ihren Handel,<br />

gleichwie die Handwerker ihre Nahrung, zu treiben. Die Schmide schmideten, die<br />

Schuster schusterten, die Schneider schneiderten, die Becker bucken, die Brauer<br />

braueten.“ 52<br />

Aus Gadebuschs Anliegen, Stimmungsbilder der geschilderten Zeiten zu geben, entspringen<br />

seine Vorliebe für Anekdoten, Gesellschafts- und Personenportraits<br />

jeglicher Art und der Wunsch, Personen „abmalen“ und „aus den Trümmern“, die<br />

von ihnen überliefert sind, „nach dem Leben schildern“ 53 zu können, um so<br />

einerseits den Leser einfach zu unterhalten und zu erfreuen, andererseits ein<br />

eigenständiges, auf Gemeinnutz ausgerichtetes System von Verhaltensgrundsätzen<br />

darzulegen, damit die Rezipienten lernen konnten, wie klug oder töricht sie im<br />

50 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher I2, § 142, S. 393f.<br />

51 Gadebusch, Jahrbücher II1, § 77, S. 159.<br />

52 Gadebusch, Jahrbücher II1, § 172, S. 339.

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