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Download - Baltische Historische Kommission

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287<br />

rechtliche Sonderstellung Livlands aus den historisch gewachsenen politischen,<br />

staatlichen und rechtlichen Strukturen und Traditionen legitimiere. Im Gegensatz zu<br />

den Ideen, die im 19. Jahrhundert von den Vertretern der historischen Rechtsschule<br />

verfochten werden, deren Thema die Entfaltung der spezifischen oder der<br />

allgemeinen Rechtsidee in den Gewohnheiten, den Institutionen und dem Denken<br />

eines Volkes als relativ autonomer Prozeß dasteht, sieht Gadebusch das positive<br />

Recht und die rechtlichen Institutionen als abhängige Variablen der politischen<br />

Entwicklung und bettet die Analyse des positiven Landesrechts in eine<br />

Gesamtanalyse der politischen Strukturen des Landes ein. Die Einsicht in Entstehung<br />

und Geschichte der Gesetze ist dabei für eine juristische Interpretation und eine<br />

effektive Rechtsprechung unerläßlich.<br />

Ein alle theoretischen und praktischen Arbeiten Gadebuschs verbindendes Moment<br />

ist die Betonung der freien Entfaltung des Rechtssystems aus sich selbst heraus. Mit<br />

dieser Annahme grenzt er sich vom Rationalismus der Aufklärer und der Vorstellung<br />

ab, wahres Recht könne als ein überhistorisches für alle Zeiten gültiges Natur- oder<br />

Vernunftrecht bestimmt werden. Kennzeichnend für den Rechtshistoriker Gadebusch<br />

ist, daß er bei der Schilderung der livländischen Landesgeschichte stets ihre<br />

juristischen Zusammenhänge im Auge behält, da sich parallel zur Entwicklung des<br />

Gemeinwesens der Ausbau fester Rechtsnormen vollzieht. Dabei konzentriert er sein<br />

besonderes Interesse auf das positive Recht und das Entstehen bestimmter<br />

Rechtsinstitutionen. In seinem Geschichtsbegriff, mit dem er alles Entstandene<br />

heiligt und ganz unphilosophisch, historisch positivistisch betrachtet, verlaufen<br />

Politik-, Sozial- und Rechtsgeschichte untrennbar ineinander verflochten . Belege für<br />

die enge Verbindung von historischer und juristischer Arbeit finden sich - neben der<br />

bislang verlorenen zehnbändigen Sammlung ‘Collectanea historico-iuridica, inprimis<br />

livonica’, deren Rubriken Gadebusch in einem Brief an den livländischen<br />

Ritterschaftssekretär E.J. von Meck benennt , 2 - in seinem Vorgehen im Streit um die<br />

Kompetenzen in der Rechtsprechung über die Russen zwischen dem Dorpater Rat<br />

und den Statthaltern als Häupter der russischen Kameral- und Domänenverwaltung<br />

in Livland. Sowohl in den ‘Jahrbücher[n]’ als auch in seiner praktischen Arbeit als<br />

Justizbürgermeister in den Jahren um 1771 beschäftigt sich Gadebusch mit diesen in<br />

der Geschichte der Stadt mehrfach virulent gewordenen Streitigkeiten. In den 70er<br />

1 Gadebusch, Jahrbücher, unpaginiertes Vorwort [10. S.].<br />

2 Vgl. Gadebusch, Brief an Meck, Bl. 12 u. 13, siehe Anhang, Nr. 6.

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