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280<br />

Provinzen des russischen Reiches nach einerlei Gesetzen regiert werden könnten.“<br />

156<br />

Der letzte Satz verweist auf die von der Zarin in den Paragraphen 57-60 des ‘Nakaz’<br />

adaptierte Überlegung Montesquieus, Gesetze müßten dem Volk, für das sie Gültigkeit<br />

erlangen sollen, angepaßt sein 157 , auf die Gadebusch seine Begründungen für<br />

einen rechtlichen Sonderstatus der Provinzen gründet. Für ihn erscheint das Landesrecht<br />

untrennbar mit der vorhandenen Gesellschaftsstruktur verbunden und gewährleistet<br />

deren Bestand. Die Rechtsordnung ist eine sakrosankte Schranke politischen<br />

und gesellschaftlichen Handelns, die auch in Kriegszeiten nicht aufgehoben wird 158 .<br />

Dabei spielt der mittelalterliche Gedanke von der Durchführung eines Prozesses als<br />

„Reinigung“ der Beschuldigten eine wichtige Rolle.<br />

Als Charakteristikum von Gadebuschs Rechtsverständnis läßt sich seine apodiktische<br />

Ablehnung einer reichsweit einheitlichen Rechtskodifikation als Ausdruck der<br />

Furcht vor dem sie begleitenden Erstarren des praktischen Rechts feststellen, da<br />

diese die natürliche Fortentwicklung des Landesrechtes hindern würde. Aus dem<br />

Hinweis auf den Bezug der Gesetze zu den natürlichen und historischen Fakten will<br />

Gadebusch die Gründe für das Geschehen und gleichzeitig Regeln für zukünftiges<br />

Handeln ableiten. Aussagen über den ursprünglichen rechtlichen Zustand Livlands<br />

ermöglichen es ihm, Schlußfolgerungen für die Beurteilung konkreter Einzelfragen<br />

zu ziehen, wobei ihm als bevorzugtes Mittel der Vergleich zwischen alltäglichen<br />

Gegebenheiten und dem historischen Geschehen dient. Ein derartiger Vergleich kann<br />

Ratgeber für rechtliche Fragen sein 159 . Hieraus entwickelt sich die Vorstellung von<br />

der Befähigung zur Gesetzgebungsarbeit durch Bildung, Erfahrung und die eigene<br />

Involviertheit in das juristische Geschehen. Ziel Gadebuschs ist eine praktische<br />

Gesetzgebungslehre aus der Anschauung der konkreten Verhältnisse, die er mit der<br />

Bearbeitung des historischen Materials und aus der praktischen Erfahrung fundieren<br />

will. Als Aufgabe einer Rechtstheorie ergibt sich die einzelgesetzliche Gestaltung<br />

des Rechtswesens, d.h. die Erfordernis, unter Berücksichtigung der Ungleichheit (im<br />

156 Gadebusch, Deputationsjournal, zitiert nach Berkholtz, F.K. Gadebusch in der Reichsversammlung.<br />

In: BM, 5 (1862), S. 150f.; die erwähnten Briefe Gadebuschs an den Justizbürgermeister Stegemann<br />

sind nicht überliefert.<br />

157 Vgl. Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, B. 1, Kap. 3, (übs. und hg. von E. Forsthoff, Bd. 1,<br />

Tübingen 1992, S. 14-17).<br />

158 Gadebusch, Jahrbücher II2, § 149, S. 366.<br />

159 „Auch die Diebe werden heute zu Tage gelinder [als 1653, C.K.] gestrafet, wiewohl darüber noch<br />

keine gewisse Vorschriften bekannt gemachet worden.“, vgl. Gadebusch, Jahrbücher III1, § 198, S.<br />

373, Anm. p).

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