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199<br />

Reglementierung der bäuerlichen Frondienste als auch die Änderung der Strafen an,<br />

was er von der ‘Abhandlung’ aus dem Jahr 1772 78 über die ‘Bibliothek’ von 1777 79<br />

bis zu den ‘Jahrbücher[n]’ aus dem Jahr 1780 ohne abschließendes Resümee<br />

wiederholt 80 . Der Ursprung der Legende ist wahrscheinlich in den Äußerungen der<br />

Revaler Ritterschaft im Zusammenhang mit den Unterwerfungsverhandlungen mit<br />

Karl von Södermanland zu sehen, der dem Adel den Verzicht auf das System der<br />

Leibeigenschaft nahegelegt hatte. Die Antwort der Ritterschaft vom 6. Juni 1601 fiel<br />

negativ aus, mit dem Hinweis darauf, die Bauern hätten dieses Vorhaben bereits<br />

1562 abgelehnt 81 . In den ‘Jahrbücher[n]’ zieht Gadebusch eine historische Parallele<br />

(„Nun weiß man aus der Geschichte“), die das unverständlich erscheinende<br />

Verhalten der Bauern erklären soll, ohne den ökonomischen Aspekt zu bedenken:<br />

armen Bauern fällt es schwerer, Geldstrafen zu zahlen als eine Leibesstrafe zu erdulden,<br />

das Geld müßte der Grundherr ihnen einerseits vorstrecken, andererseits<br />

sogleich als Strafmaß wieder einfordern. Gadebusch führt als „Beleg“ die<br />

Kappadocier an, die „zur Knechtschaft geboren“ sind. Quelle ist ihm A.L. Schlözers<br />

‘Versuch’, in dem er folgende Erläuterung fand:<br />

„Nach dem Berichte des Polybius und anderer kamen jährlich eine Menge Sclaven,<br />

sowol aus Pontus, als besonders aus der Landschaft Cappadocien, worunter die Tibarener<br />

mit begriffen wurden. Sie wurden hier so wohlfeil verkauft, daß, als der römische<br />

Feldherr Lucullus durch dieses Land zog, den Römern junge Knaben für vier<br />

Drachmen angebothen wurden. Daher ward Cappadocier ein allgemeiner Name der<br />

Sclaven; denn dieses Volk war gleichsam zur Sklaverey geboren. Als die Römer<br />

ihnen eine freye Regierung anbothen, verbathen sie solche, unter dem Vorwande,<br />

daß sie ihnen unerträglich sey.“ 82<br />

78 Vgl. Gadebusch, Abhandlung, § 66, S. 166: „Was aber Kelch, S. 377 von den livländischen Bauern<br />

anführet, das ist eine Fabel.“<br />

79 Vgl. Gadebusch, Bibliothek, Bd. 2, S. 106f: „Ich bin noch immer der Meynung, daß die Verbesserung,<br />

welche man dem livländischen Bauerstande angeboten, ungegründet sey, obgleich Müller, ein<br />

gleichzeitiger Schriftsteller, und Godelmann, der etwa um die Zeit in Livland gewesen, es erzählen<br />

[...].“<br />

80 Vgl. Gadebusch, Jahrbücher II1, § 142, S. 261f.:„Dennoch zweifele ich an der Wahrheit, und<br />

pflichte lieber denen bey, welche dieses alles für Fabeln halten, weil jene Schriftsteller, ob sie gleich<br />

Zeitgenossen Stephans gewesen, dennoch alles dieses von Hörensagen, und keine öffentliche Urkunden<br />

davon gesehen, oder angeführet haben.“<br />

81 Vgl. Th. Taterka (Hg.), Garlieb Helwig Merkel, Die Letten, vorzüglich in Liefland am Ende des<br />

philosophischen Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Völker- und Menschheitskunde [Beiträge zur baltischen<br />

Geschichte, 17], Wedemark 1998, S. 194f.; R.J.L. Samson von Himmelstierna, <strong>Historische</strong>r<br />

Versuch über die Aufhebung der Leibeigenschaft in den Ostseeprovinzen in besonderer Beziehung<br />

auf das Herzogthum Lievland, Beilage zum Inland, Dorpat 1838, S. 23-26.<br />

82 Vgl. A. L. Schlözer, Versuch einer allgem. Geschichte der Handlung und Seefahrt in den ältesten<br />

Zeiten. Aus dem Schwedischen übersetzt von Th. H. Gadebusch, Rostock 1761, II S. 366f.; die Kappadocier,<br />

die die republikanische Regierungsweise der Römer zugunsten ihrer monarchischen ablehnten,<br />

werden auch bei Montesquieu angeführt, hier allerdings nur als Beleg dafür, daß jedes Volk<br />

seine Regierungsform als Verwirklichung der vollkommenen Freiheit ansieht, vgl. De l’esprit de lois,

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