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Download - Baltische Historische Kommission

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stellen eine Selbstverständlichkeit dar, die auch durch die rechtliche Zugehörigkeit<br />

zum Russischen Reich nicht aufgehoben wird. Der deutsche Charakter des geistigen<br />

Lebens und der gewachsenen öffentlichen Ordnung werden als naturgegeben<br />

verstanden und der Wille zur Loyalität gegenüber den Zaren als Lehnsherren und<br />

dem Russischen Reich, als dessen Glied man sich sah, war daher nicht auf den<br />

russischen bürokratischen Staatsapparat bezogen. Die Untersuchung von Gadebuschs<br />

historiographischen Schriften wird zeigen, daß das deutschbaltische<br />

Geschichtsbewußtsein durch sie eine neue Basis erhalten hat. Die Erforschung von<br />

ständischen Privilegien und das Prinzip der Autonomie der Stände und des Landes<br />

stehen dabei als Politikum und historisches Faktum im Zentrum der Aufmerksamkeit<br />

und geben der livländischen Landesgeschichtsschreibung ihre eigentümliche<br />

Ausprägung. Eine weitere Besonderheit der deutschbaltischen Geschichtsschreibung,<br />

die bereits bei Gadebusch eine entscheidende Rolle spielt, ist das Gewicht, das der<br />

Genealogie im Rahmen der Erforschung der Landesgeschichte zugeschrieben wird.<br />

Die beiden genannten Prinzipien, die bis ins 20. Jahrhundert hinein prägend wirkten,<br />

lassen sich mit dem Hinweis auf den spezifischen Sendungsanspruch der Deutschen<br />

in Livland begründen, durch den das Geschichtsbewußtsein eine existentielle<br />

Bedeutung bekam und Geschichte als Rechtfertigung der Existenz zu dienen hatte -<br />

ohne apologetisch zu werden.<br />

In der Forschung wurden Gadebuschs Tätigkeiten und Veröffentlichungen bislang<br />

nicht in ihrem inneren Zusammenhang untersucht, sondern nur in Teilen im Hinblick<br />

auf bestimmte geistes- und wissenschaftsgeschichtliche Zusammenhänge. Es<br />

existiert weder eine speziell Gadebusch gewidmete Monographie noch eine<br />

Untersuchung des von ihm vertretenen Gesellschaftsbildes, die sowohl dessen<br />

Ursprung in zeitgenössischen Staatstheorien und der historischen und soziologischen<br />

Diskussion berücksichtigt als auch dessen Zusammenhang mit der aktuellen<br />

politischen Position Gadebuschs. Auch der Umfang und die thematische Breite<br />

seiner Publikationen wurden bisher nur unter dem Gesichtspunkt einer<br />

unmethodischen Sammelleidenschaft thematisiert. In der vorliegenden Literatur<br />

erscheint Gadebusch als konservativer Kritiker des aufgeklärten Absolutismus und<br />

Verfechter des Ständetums sowie als patriarchalisch gesinnter Jurist und<br />

Landespolitiker - alles Etiketten, die keine schlüssigen Vorstellungen über die Pläne<br />

vermitteln, die er verfolgte. Gerade den Aspekt der engen Verbindung von Theorie

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