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Download - Baltische Historische Kommission

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169<br />

zusammenzuarbeiten 274 . Nach seinen Bestimmungen sollte der Rat aus zwei<br />

Bürgermeistern, sechs Ratsherren und einem Syndikus bestehen, wobei der<br />

Justizbürgermeister ein Jurist zu sein hatte.<br />

4.8.6. Der „sozialgeschichtliche“ Blick<br />

Gadebusch verbindet seine Entdeckung der livländischen regionalen Spezifika mit<br />

einem sozialgeschichtlich akzentuierten Blick auf die Geschichte der Stadt Dorpat,<br />

indem er materielle Erscheinungen und deren Bedingungen, gesellschaftliche<br />

Schichtungen, deren ökonomische Verhältnisse und soziokulturelle Phänomene<br />

verknüpft, ohne ihre individuellen Ausprägungen aus den Augen zu verlieren und in<br />

vergleichenden Studien allgemeine Gesetzmäßigkeiten aufzustellen. Die<br />

wirtschaftlich-sozialen Faktoren gelten ihm als korrespondierende Elemente der<br />

kulturellen und politischen Erscheinungen und sind wie diese prozessual zu<br />

betrachten. So läßt sich historisches Geschehen unter verschiedenen Fragestellungen<br />

auswerten, wie z.B. die Geschehnisse, die im Jahr 1547 ihren Anfang nahmen:<br />

„Es ist noch ein Stück übrig, welches theils zur Erläuterung der dörpatischen Stadtprivilegien,<br />

theils zur Erkänntniß der Rechte beyder Gilden, theils zur Erklärung der<br />

Gesinnungen der damaligen Zeiten, worinn sich alle livländischen Stände zum<br />

Untergange neigeten, gereichen kann.“ 275<br />

In diesem Jahr wurde der Streit um das Brau- und Schankrecht erneut virulent. Vor<br />

dem Rat war eine Delegation des Bischofs erschienen, die den Rat beschuldigte, unrechtmäßig<br />

in ein Haus „in der bischöflichen Herrlichkeit und Freyheit“ (S. 440) eingedrungen<br />

zu sein und gewaltsam den Braukessel einer „Undeutschen“<br />

beschlagnahmt zu haben. Der Rat gestand zu, daß die Lage des Hauses es durchaus<br />

unklar erscheinen lasse, ob es in die Gerichtsbarkeit des Bischofs oder diejenige der<br />

Stadt falle, wobei er aber davon ausging, daß es unter seiner Botmäßigkeit stehe. Als<br />

Begründung wird angeführt, der Hausbesitzer habe sich in früheren Rechtssachen an<br />

das Stadtgericht gewandt, und es sei niemals bewiesen worden, daß das Haus in den<br />

Gerichtsbereich des Bischofs falle. Überdies hätte man sich „zu der vorigen Bischöfe<br />

Zeiten“ geeinigt, daß der Rat diejenigen „Undeutschen“ bestrafen solle, die „den<br />

Bürgern zum Nachtheil“ (S. 441) brauten und im vorliegenden Fall hätten die<br />

Nachbarn Klage geführt, es werde mit falschem Maß ausgeschenkt. Die Gilden<br />

griffen diesen Streit zwischen Rat und Bischof vier Jahre später wieder auf und<br />

274 Vgl. Gadebusch, Bibliothek, Bd. 1, S. 384.

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