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Handeln von der Warte der Aufklärungsphilosophie aus gerichtet werden muß. Die<br />

Schriften der französischen Aufklärer Montesquieu, Rousseau, weniger die der<br />

britischen Historiker Abbt und Hume, bilden wie selbstverständlich die Folie, auf die<br />

Gadebusch seine eigenen historischen Bemühungen projiziert. Die Arbeiten<br />

Gadebuschs sind ohne Bezug auf Voltaires ‘Essai sur les moeurs’ von 1756 und<br />

Montesquieus Staatslehre des ‘De l’esprit des lois’ von 1748 undenkbar. Nur<br />

scheinbar widerspricht dieser These die stellenweise recht massive Polemik<br />

Gadebuschs gegen historische Unwahrheiten Voltaires, dem er immer wieder Fehler<br />

nachweist.<br />

Auch Montesquieu, den er als „Adler unter allen französischen Verfassern“ 5<br />

bezeichnet, steht Gadebusch durchaus kritisch gegenüber. Dessen Schrift ‘De l’esprit<br />

des lois’ führt er in seinen als Manuskript überlieferten ‘Observationes’ mehrfach an,<br />

versieht sie mit einem nicht belegten Zitat als „le plus beau présent, qu’un homme<br />

put faire aux hommes.“ 6 , kritisiert Diktion und Stil Montesquieus jedoch in einem<br />

weiteren Band: „Diese Art von voreiligem Witze, von flüchtigem Scharfsinn und<br />

unvernünftiger Leichtigkeit ist insbesondere den neuen französischen Schriftstellern<br />

eigen.“ 7 , was sich als Stereotype des Vorwurfs des französischen „bel esprit“<br />

verstehen läßt. Gadebusch tritt in diesem Urteil mit Maßstäben der<br />

historiographischen Korrektheit an das Werk heran und versteht es als Schlüssel zum<br />

Verständnis der Verfassungen und Verfassungsentwicklungen, der überall und zu<br />

allen Zeiten gültig sein sollte und verkennt so die literarische Form und das konkrete<br />

politische Motiv der Kritik am zeitgenössischen französischen Absolutismus. Im<br />

Verlauf dieser Arbeit wird nachzuweisen sein, daß Gadebusch die Verbindung<br />

zweier Ansätze der historischen Betrachtung Montesquieus übernimmt: auf der einen<br />

Seite den einer geschichtlich fundierten allgemeinen Staats- und Rechtslehre und<br />

andererseits die Kritik an den politischen Zuständen auf einer breiten geschichtlichen<br />

Grundlage. Gleichzeitig stört er sich an den Schematisierungen und Vereinfachungen<br />

und vermißt den Sinn für Historizität. In Montesquieus ‘De l’esprit des lois’ wird die<br />

Diskussion über die nationalen Charaktere methodisch auf eine neue Grundlage<br />

gestellt. Leitender Gedanke ist die Annahme, die Staatsverfassung müsse der Natur<br />

des Menschen entsprechen, Aufgabe der Gesetze sei es, Vorsorge gegen den mit der<br />

5 Vgl. Gadebusch, Observationes IX; diese Formulierung hatte Gadebusch von dem Schweizer Iselin<br />

übernommen, vgl. I. Iselin, Philosophische und politische Versuche, Zürich 1760, S. 152.<br />

6 Vgl. Gadebusch, Observationes VII, S. 42.<br />

7 Vgl. Gadebusch, Observationes IX, S. 2-5.

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