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Download - Baltische Historische Kommission

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428<br />

Neudefinition und Neubewertung der livländischen Landesgeschichte will<br />

Gadebusch einen neuen Sinnhorizont für die livländische Ständegemeinschaft<br />

schaffen. Die verwendete Begrifflichkeit sollte nicht den Eindruck aufkommen<br />

lassen, Gadebusch vertrete die Vorstellung, daß eine Gemeinschaft als<br />

Gesamtsubjekt denke und handele, vielmehr zielt er daraufhin, eine intakte<br />

ständische Gemeinschaft wiederherzustellen, deren Einzelpersonen aus einem<br />

Konsens heraus denken und handeln.<br />

Anders als die Aufklärungshistoriker gibt Gadebusch mit seiner<br />

Geschichtsschreibung keine direkten Handlungsanweisungen, sondern schafft -<br />

geleitet von dem Prinzip der Gemeinnützigkeit und von der Vorstellung der<br />

Geschichte als Hilfswissenschaft der Jurisprudenz im Sinne Thomasius’, Pufendorfs<br />

und Leibniz’, nach denen historische Studien keine Morallehren, sondern innerhalb<br />

von Jurisprudenz und Politik technisch-praktische Hilfe geben - „nützliches Wissen“<br />

für Zeitgenossen, das als Legitimationswissen verwendet werden kann und sieht<br />

keine Probleme darin, den Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem<br />

Realitätsanspruch und lebensweltlicher Einbindung der Forschungsergebnisse in<br />

seinen historischen Arbeiten als gewährleistet zu behaupten 3 . Dabei weist er das<br />

Faktische als das Wahre auf und verschleiert so vorhandene ständische<br />

Machtinteressen. Dem Prozeß des historischen Verstehens kommt hierbei die<br />

Bedeutung zu, der gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Ordnung der<br />

Ostseeprovinzen eine historische Legitimation zu verleihen und ihre Kraft zum<br />

Beharren zu erhöhen. Parallel zum Prozeß der individuellen Erinnerung verfährt<br />

Gadebusch mit seiner geschichtlichen Vergegenwärtigung selektiv; mit dem<br />

Kriterium der fortwirkenden Bedeutsamkeit entscheidet er darüber, was aus der<br />

Gesamtheit der Vergangenheit für die gegenwärtige Geschichtsschreibung von<br />

Bedeutung ist und verbindet die auf diesem Weg gewählten Ereignisse zu einer<br />

Geschichte.<br />

Geschichte des Alltags, Bd. 15], Stuttgart 1996, S. 147.<br />

3 Vgl. Gadebusch, Brief an Meck, in dem Gadebusch den Nutzen des historischen Wissens für die<br />

Bewahrung des „gemeinen Besten“ anspricht, siehe Anhang Nr. 5.

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