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derjenigen schieden, die sich mit diesem Thema beschäftigten, spielen in der<br />

Diskussion der Leibeigenschaftsfrage eine wichtige Rolle: die Freiheit der Bauern -<br />

ihre Freisetzung von feudalen Abhängigkeiten - und das Eigentum, d.h. die freie<br />

Verfügung über agrarisch nutzbaren Boden. Wo nicht die Forderung nach Eigentum<br />

gestellt wurde, verstärkte sich der Wunsch nach Einführung einer Erbpacht.<br />

Weitreichende Reformpläne, die eine radikale Änderung des Status der Leibeigenen<br />

theoretisch fundierten, hat Gadebusch nicht ausgearbeitet, er sucht stets einen<br />

Mittelweg zwischen der Aufhebung der Leibeigenschaft und der Sicherung der<br />

gutsherrlichen Einkünfte. Weit entfernt von der radikalen Sozialkritik eines Garlieb<br />

Merkels, der auf Basis der Menschenrechte argumentiert, betrachtet Gadebusch die<br />

Frage nach der Aufhebung der Leibeigenschaft überwiegend aus ökonomischen<br />

Gesichtspunkten. Er geht nicht von abstrakten Prinzipien und humanen Ideen,<br />

sondern als praktischer Staatsmann von der Aufgabe aus, den Zustand der<br />

Landwirtschaft zu verbessern und Rechtsschutz für alle Stände zu gewährleisten, so<br />

daß der ethisch-moralische Aspekt sekundär bleibt. Seine Herangehensweise an das<br />

Problem der Leibeigenschaft ist vergleichbar mit der A.W. Hupels, der in seinen<br />

Schriften keine radikale Kritik äußert und statt dessen die Meinung vertritt, die<br />

Bauern in Livland lebten unter besseren Bedingungen als diejenigen in Frankreich<br />

und England 54 . Gadebuschs Beschäftigung mit den Problemen der Leibeigenschaft<br />

wurde durch seinen Briefwechsel mit J.G. Eisen angeregt, dem es vor allem um die<br />

wirtschaftliche Seite der Bauernbefreiung ging. Er arbeitete in den 50er Jahren ein<br />

‘Kameralsystem’ aus, in dem er eine sozio-wirtschaftliche Verfassung entwarf 55 .<br />

Eisen war nach Reisen durch mehrere Länder Europas im Frühjahr 1741 als<br />

Einwanderer nach Livland gekommen und hatte eine Stelle als Hauslehrer bei der<br />

Gutsbesitzerfamilie Skogh auf dem Kronsgut Awwinorm im Kirchspiel Lohusu<br />

angenommen. Nach vierjähriger Tätigkeit übernahm er die Pfarrstelle von Torma<br />

und Lohusu, die er bis 1776 innehatte. Die Korrespondenz zwischen Gadebusch und<br />

53 Vgl. J.G. Eisen an Herder, 1. April 1773, Autogr. im Niedersächsischen Staatsarchiv Bückeburg, F<br />

1A XXXV.18.97, abgedruckt in: R. Bartlett / E. Donnert, Johann Georg Eisen, S. 621f.<br />

54 Vgl. A.W. Hupel, Von den Rechten der lief- und ehstländischen Landgüter. In: NM, St. 22/23,<br />

(Riga 1790), S. 252-270.<br />

55 Vgl. J.G. Eisen, Beweis, daß diejenige Verfassung des Bauern, wenn selbiger seinem Herrn als ein<br />

Eigentümer von seinem Bauernhof untertan ist, der einzige Grund sei, worauf alle mögliche Glückseligkeit<br />

eines Staates gebauet werden kann; die Leibeigenschaft hingegen vor die erste Ursache von<br />

aller Unvollkommenheit in derselben gehalten werden könne.

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